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MorgenWelt HEUTE vom 14.6.2001
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1. Wetter: Chaos ist nicht gleich Chaos
2. Arznei-Schrauben in die Blutbahn
3. Unter Baeumen: Kampf ums Licht
4. Ameisen beherrschen Geometrie
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Wetter: Chaos ist nicht gleich Chaos

Chaos ist nicht gleich Chaos - zumindest beim Wetter. Das hat jetzt
ein interdisziplinaeres Team von Meteorologen, Physikern und
Informatikern der Universitaet Maryland herausgefunden. Wie die
Wissenschaftler in der kommenden Ausgabe des Fachjournals Physical
Review Letters berichten, gaebe es auf Wetterkarten "hot spots",
deren Veraenderungen sich besonders schnell zu groesseren Stoerungen
der Wetterlage entwickelten.

Seit langem gehen Meteorologen - und Chaosforscher in anderen
Disziplinen - davon aus, dass bei chaotischen Prozessen wie der
Wetterentwicklung kleine Aenderungen der Anfangsbedingungen zu
grossraeumigen Veraenderungen fuehren koennen, die sich jeder
Vorhersage entziehen. In die populaerwissenschaftliche Literatur fand
dieses Phaenomen unter dem Namen "Schmetterlingseffekt" Eingang: Der
Schlag eines Schmetterlingsfluegels in den Tropen kann einen
Wirbelsturm in Nordamerika ausloesen.

Die Untersuchungen des Teams unter der Leitung von Dhanurjay Patil
zeigen nun, dass dieser Effekt nur mit Einschraenkungen gilt. Nur
Veraenderungen in den "hot spots" verstaerken sich schnell zu
grossraeumigen Wetterstoerungen. Die "hot spots" sind nicht ortsfest,
sondern wandern, bedecken aber, so die Forscher, insgesamt nur etwa
20 Prozent der Erdoberflaeche. Genauere Wetterbeobachtungen im
Bereich der "hot spots" koennten, so hoffen die Forscher, kuenftig
auch zu genaueren Wettervorhersagen fuehren.
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Arznei-Schrauben in die Blutbahn

Um Medikamente durch den menschlichen Koerper zu transportieren,
haben Forscher schon allerlei Geraet vorgeschlagen. Dazu gehoerten
Viren als Gen-Faehren oder sich aufloesende Kapseln, die als
Mini-U-Boote durch den Koerper fahren. Ein japanischer Forscher hat
jetzt eine neue Variante vorgestellt, bei der sich die Arznei
buchstaeblich durch die Adern schraubt. Kazushi Ishiyama von der
Tohoku Universitaet entwickelte dazu eine schraubenfoermige
Mikromaschine.

Mit einem Millimeter Durchmesser und acht Millimetern Laenge koennte
die Schraube durch die wichtigsten Blutbahnen schwimmen, glaubt der
Entwickler. Er hat seinen kleinen Transporter magnetisiert und kann
ihn deshalb mit Hilfe eines aeusseren Magnetfeldes steuern. Dies
gelang zumindest bei ersten Versuchen in Silikon-Oel, berichtet das
Magazin "New Scientist".

Die ersten Schwimmversuche fanden in einem Behaelter statt, der
zwischen zwei Drahtspulen platziert wurde. Mit Hilfe dieser Spulen
erzeugte Ishiyama ein rotierendes Magnetfeld. Je hoeher die Frequenz
des Magnetfeldes ausfiel, desto schneller drehte sich die Schraube
vorwaerts. Als Transporter eingesetzt koennte die Schraube genau
dosierte Medikamente an einzelne Organe liefern. Zum "Ausladen" der
Fracht hat Ishiyamas Team der Schraube ein Keramikrohr verpasst,
durch das die Arznei wie aus einer herkoemmlichen Spritze ins Gewebe
injiziert wuerde.

Alternativ laesst sich auch eine Messingspitze auf die Schraube
setzen, die dann wie ein Bohrer durch das Gewebe dringt. Diese
Variante haben die Forscher bereits durch zaehes Gel fahren lassen.
Dabei erreichte die Schraube eine Geschwindigkeit von fast zwei
Zentimetern pro Sekunde. Und auch ein Beefsteak konnte erfolgreich
durchbohrt werden: Zwei Zentimeter Fleisch durchquerte die Schraube
innerhalb von 20 Sekunden.

Moeglicherweise haelt die Schraube auch bald Einzug in den
Operationssaal. Ausgestattet mit einer speziellen Metallspitze
koennte sie dann Krebstumore zerstoeren. Dazu muesste lediglich ein
zweites Magnetfeld aufgebaut werden, welches die Spitze stark
aufheizt. Umliegendes Gewebe liesse sich so auf den Millimeter genau
verbrennen. Der Oeffentlichkeit will Ishiyama diese Variante im
August vorstellen. Dann findet in Grenoble das "Joint European
Magnetic Symposia" statt.
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Unter Baeumen: Kampf ums Licht

Oft gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Bei Baeumen ist dies
anders. Birken, die schneller als ihre Konkurrenten zum Licht hin
wachsen, bleiben nicht lange die Platzhalter auf freien Flaechen.
Vertraegt die langsamer wachsende Konkurrenz den Schatten der Birken,
koennen sie auf lange Sicht die Pioniere ueberwaeltigen.

Dies haben die britischen Forscher Ian R. Gilbert, Paul G. Jarvis und
Harry Smith experimentell nachgewiesen. Sie untersuchten dazu
Bergahorn und Birken in Kuebeln auf dem Dach ihres Instituts in
Nottingham und im Biologischen Garten von Edingburgh. Die Versuche
werden jetzt im Magazin "Nature" vorgestellt.

Der Bergahorn kann demnach den Schatten der Silber-Birken tolerieren,
junge Birken umgekehrt nicht. Sie versuchen dem Schatten des Ahorns
auszuweichen, indem sie sehr viel schneller in die Hoehe schiessen.
Im Vergleich zum Ahorn laesst die Naehe anderer Baeumen die Birken um
das Fuenffache schneller wachsen.

Ausgeloest wird das Wachstum der Birken durch die Wahrnehmung von
Lichtwellen im tiefroten Bereich um 700 bis 800 Nanometern. Das Licht
in diesem Bereich wird von den Blaettern benachbarter Baeume gestreut
und warnt die Birken so fruehzeitig vor dem Schattenwurf durch die
Konkurrenz.

Weil die Birken aber sehr viel Kraft mit dem Wachstum des Stammes
verbrauchen,  bleibt ihre Laubkrone licht. Dieser schmale
Schattenwurf stoert den Ahorn nicht sonderlich. Er selbst waechst
langsamer, kann aber die Birke langfristig ueberholen. Der Ahorn
entwickelt dann eine dichte Baumkrone mit grossen Blaettern. Er wirft
einen dunkleren Schatten, in dem die Birken auf Dauer nicht gedeihen
koennen: Die Pioniere verkuemmern langsam in dem Schatten des
Nachfolgers.
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Ameisen beherrschen Geometrie

Wuestenameisen sind bemerkenswerte Navigatoren: Auf der Suche nach
Nahrung laufen sie oft mehrere hundert Meter weit kreuz und quer
durch eine eintoenige Landschaft. Und dennoch wissen sie stets genau,
wo sie gerade sind, so dass sie den direkten Rueckweg zu ihrem Nest
einschlagen koennen. Wie die Insekten diese Navigationsleistung
vollbringen, haben Berliner und Zuercher Biologen jetzt untersucht.

Sandra Wohlgemuth von der Berliner Humboldt-Universitaet und ihre
Kollegen trainierten Wuestenameisen (Cataglyphis fortis) darauf,
entlang einer Metallrinne zu einer Futterstelle - bestehend aus
Melonenstueckchen und Kekskruemeln - zu laufen. In diese Rinne waren
mehrere kuenstliche Huegel eingebaut. Statt rund fuenf Meter
Luftlinie mussten die Tiere vom Nest bis zum Futter daher ueber acht
Meter Laufstrecke bewaeltigen.

Nach dem Training kam die Bewaehrungsprobe fuer den Orientierungssinn
der Tiere: War eine Ameise beim Futter angekommen, nahmen die
Forscher sie aus der huegeligen Rinne und setzten sie fuer den
Rueckweg in eine flach verlaufende Rinne. Der "Umweg" ueber die
Huegel entfiel also. Dennoch stoppten die Tiere nach der korrekten
Laufstrecke von etwa fuenf Metern und suchten nach ihrem Nest.

Wenn die Tiere zunaechst in der horizontalen Rinne trainiert wurden
und dann den huegeligen Rueckweg nehmen mussten, stoppten sie
wiederum nach ueber acht Metern Laufstrecke - entsprechend den fast
fuenf Metern Luftlinie. Und selbst durch asymmetrische Huegel - mit
seichten Anstiegen und steilen Gefaellen oder umgekehrt - liessen die
Tiere sich nicht verwirren, berichten die Forscher in "Nature".

Wohlgemuth und ihre Kollegen folgern daher, dass die Wuestenameisen
zur Entfernungsbestimmung nicht einfach nur ihre Schritte zaehlen.
Zudem konnten die Tiere in den einheitlichen Metallrinnen auch keine
optischen Anhaltspunkte nutzen, so die Forscher.

Daher glauben sie, dass die kleinen Insekten Steigungs- und
Gefaellewinkel messen und diese mit der Laufstrecke verrechnen, um
die "wahre" Entfernung zu erhalten. Wie genau sie das anstellen,
bleibt vorerst raetselhaft. Die Wissenschaftler arbeiten aber schon
an noch kniffligeren Tests, um hinter die Tricks der
Navigationskuenstler zu kommen.
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