Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-08 Diskussionsfäden Gebhard Dettmar
On Friday 07 April 2006 23:16, David Kastrup wrote:
> [...]
>
> Einheitsbetriebsmittelbestimmer.  Aber in der Praxis wird es dann halt
> "die Uherel", wie auch "die Muschel", "die Brezel", "die Kartoffel".
>
lol

> Da machst Du nichts.

So siehts aus ;)
Gruß Gebhard



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-07 Diskussionsfäden David Kastrup
Gebhard Dettmar <[EMAIL PROTECTED]> writes:

> genau das hab ich beim URL zuerst auch versucht: Artikel zu vermeiden
> Wenn das nicht geht, übersetzt man sich halt entweder: vereinheitlichter 
> Ressourcenbezeichner oder vereinheitlichte Resourcenadresse, wobei man, 
> wenn man schon bei locator ist, bestimmt maskulinum wählen würde. 

Einheitsbetriebsmittelbestimmer.  Aber in der Praxis wird es dann halt
"die Uherel", wie auch "die Muschel", "die Brezel", "die Kartoffel".

Da machst Du nichts.

-- 
David Kastrup, Kriemhildstr. 15, 44793 Bochum


-- 
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Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-07 Diskussionsfäden Gebhard Dettmar
On Friday 07 April 2006 14:12, Patrick Cornelissen wrote:
> Christian Frommeyer wrote:
> >>Wer sagt denn _die_ Bouillon? Ich jedenfalls nicht. Noch nie.
> >>Immer "der".
> >
> > Steht so im Duden (die).
>
> Möchtet ihr den Sprachentwicklungsthread nicht in der/die/das Bouillon
> versenken oder es per PM weiterführen?
> So langsam nervt es.

tz tz (anstatt was für seine Bildung zu tun ...)
SCNR
Gruß, gebhard
p.s. keine Sorge, das Thema ist geklärt. Hoffentlich ein gewisser 
(mittlerweile) anderer Thread auch, bei dem ich zum ersten Mal froh bin, 
dass bestimmte Mailer keine in-reply-tos können (oder Mail-reply statt 
NNTP followup)
-- 
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Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-07 Diskussionsfäden Gebhard Dettmar
On Friday 07 April 2006 09:54, Frank Küster wrote:
> Gebhard Dettmar <[EMAIL PROTECTED]> wrote:
> > On Thursday 06 April 2006 10:27, Frank Küster wrote:
> >> Gebhard Dettmar <[EMAIL PROTECTED]> wrote:
> >> > On Wednesday 05 April 2006 11:48, Frank Küster wrote:
> >> >> Gebhard Dettmar <[EMAIL PROTECTED]> wrote:
> >> >> >> > [...]
> >> >> >
> >> >> > [...]
> >>
> >> [...]
>
> Ich hege große Zweifel dass die Leute, die zuerst "Firewall" in
> deutschen Sätzen verwendet bzw. geschrieben haben, genug Latein konnten
> *und* sich dafür interessiert hätten.  Ich behaupte, über das verwendete
> Geschlecht entscheidet eine Mischung von Gründen, etwa
>
> - gibt es bereits ein deutsches Wort mit ähnlicher Bedeutung?  (Wie etwa
>   beim Schein-Fremdwort "Handy" das Telefon)
>
> - gibt es für einen Hauptbestandteil eines zusammengesetzten Fremdwortes
>   ein deutsches Wort?
>
> - Wie "fühlt" sich das Wort an - z.B. wird man wohl eher "das stärker
>   verbreitete BSE" sagen als "die... BSE", auch wenn es natürlich eine
>   Abkürzung für Enzephalopatie ist.
>
Nach der Antwort von Herrn Victor würde ich sagen, du hast auf der ganzen 
Linie recht. Synchron statt diachron heißt ja letztlich: hier ist es 
wirklich der Volksmund, der entscheidet. Der baut zwar manchmal, wenn man 
so will, Mist, aber das ist dann halt so.

> Übrigens sieht man beim BSE auch, dass viele Fremdworte möglichst so
> gebraucht werden, dass man sich nicht festlegen muss (z.B. der
> Wikipedia-Artikel
> http://de.wikipedia.org/wiki/Public_Private_Partnership); wahrscheinlich
> entscheidet man sich erst für einen Artikel, wenn das Wort geläufiger
> geworden ist.
>
genau das hab ich beim URL zuerst auch versucht: Artikel zu vermeiden
Wenn das nicht geht, übersetzt man sich halt entweder: vereinheitlichter 
Ressourcenbezeichner oder vereinheitlichte Resourcenadresse, wobei man, 
wenn man schon bei locator ist, bestimmt maskulinum wählen würde. 
Wahrscheinlich reicht es aber schon, bei URL an Adresse zu denken, selbst 
wenn man gar nicht weiß, wofür die Abkürzung steht.

> Die einzige Sorte Wörter, bei denen ich denke, dass man wirklich
> einfache Gesetzmäßigkeiten findet, sind solche, die in der Fremdsprache
> in einer Weise aus dem Wortstamm gebildet wurden, wie es auch im
> Deutschen möglich wäre.  Beispiel: route -> router, Verb+er geht auch im
> Deutschen, also wie im Deutschen "der Router".
>
Klar, da liegts auf der Hand

> >> Ich spreche URL Url, da sträubt sich gar nichts.  Denkst du "die
> >> BSE", wenn du vom Rinderwahn sprichst (i.d.R. ohne Artikel, aber mit
> >> Geschlecht, z.B. "...im Vergleich zum viel weiter verbreiteten BSE")?
> >
> > Das geht beides (Neutrum und femininum), da griech. pathos, ous, to
> > (=neutrum) und pathe, es, he (=fem.) Leiden heißt.
>
> Aber encephalopathy/Enzephalopathie ist doch wohl ohne Zweifel
> feminin.
>
Hast recht, sind alle auf pathie endenden Wörter (Homöopathie etc.) 
Wahrscheinlich sogar alle "echten" (also nicht nur entlehnten) Fremdwörter 
wie Historie, Astronomie, Pathologie etc. (alles griech. ia, ist immer 
fem., auch wenn Maskulina wie logos drinstecken) Diese echten Fremdwörter 
sind ja auch vorwiegend bei Fachleuten im Gebrauch, die sich nicht das 
gleiche wie der Volksmund rausnehmen können. Ich würde vermuten, sowas wie 
"...im Vergleich zum viel weiter verbreiteten BSE" kommt immer dann 
zustande, wenn eine Abkürzung einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht - 
da kann der Volksmund wieder dazwischenpfuschen und möglicherweise sogar 
die Fachsprache beeinflussen (falls das Zitat aus einer Fachpublikation 
stammt)
Gruß, Gebhard

-- 
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Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-07 Diskussionsfäden Frank Küster
Matthias Houdek <[EMAIL PROTECTED]> wrote:

>> Habe mal Erkundigungen eingezogen (Dank an Ulrich Victor,
>> Altphilologe an unserm Institut)
>> ---schnipp--
>> Die diachronische Betrachtungsweise ist in der Frage des Artikels von
>> Fremdwörtern fehl am Platz. Die Betrachtungsweise muß synchron sein
>> [gemeint ist zeitlich, GD], weil die Sprecher nach Analogien suchen.
>> Es heißt z. B. die Bouillon, 
>
> Wer sagt denn _die_ Bouillon? Ich jedenfalls nicht. Noch nie. 
> Immer "der".

Ich.  Ich habe "der Boullion" noch nie gehört.  

>> weil im Deutschen die Brühe, statt 
>> richtig der Bouillon / le bouillon, und es  heißt (auch) der Meter,
>> weil  -er eine maskuline Endung hat  (Bäck-er etc.). 
>
> Aber: das Chronometer (u.a.) 

Oder der Parameter (u.a.).  Mit anderen Worten: Es kommt drauf an - auf
verschiedenes, aber jedenfalls nicht ausschließlich oder auch nur
hauptsächlich auf das Geschlecht in der Ausgangssprache.  Darauf kommt's
wohl umso weniger an, je ferner uns diese ist.

Gruß, Frank
-- 
Frank Küster
Single Molecule Spectroscopy, Protein Folding @ Inst. f. Biochemie, Univ. Zürich
Debian Developer (teTeX)



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-07 Diskussionsfäden Patrick Cornelissen

Christian Frommeyer wrote:


Wer sagt denn _die_ Bouillon? Ich jedenfalls nicht. Noch nie.
Immer "der".


Steht so im Duden (die).


Möchtet ihr den Sprachentwicklungsthread nicht in der/die/das Bouillon 
versenken oder es per PM weiterführen?

So langsam nervt es.

--
MfG,
 Patrick Cornelissen


--
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Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-07 Diskussionsfäden Christian Frommeyer
Am Freitag 07 April 2006 10:51 schrieb Matthias Houdek:
> Wer sagt denn _die_ Bouillon? Ich jedenfalls nicht. Noch nie.
> Immer "der".

Steht so im Duden (die).

> Aber: das Chronometer (u.a.)

Umgangssprachlich auch der (Duden).

Gruß Chris

-- 
A: because it distrupts the normal process of thought
Q: why is top posting frowned upon



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-07 Diskussionsfäden Matthias Houdek
Hallo Gebhard Dettmar, hallo auch an alle anderen

Freitag, 7. April 2006 00:00 - Gebhard Dettmar wrote:
> On Thursday 06 April 2006 14:25, Matthias Houdek wrote:
> > Hallo Heimo Ponnath, hallo auch an alle anderen
> >
> > Mittwoch, 5. April 2006 22:09 - Heimo Ponnath wrote:
> > > Die Diskussion wird immer interessanter,
> > >
> > > Am Mittwoch, 5. April 2006 20:48 schrieb Gebhard Dettmar:
> > > > Das steht halt so in meinem Langenscheidt:
> > >
> > > Dann schiebe ich hier doch mal noch herein, was das Große
> > > Deutsche Wörterbuch der Gebrüder Grimm dazu sagt.
> >
> > Das ist ja nun endlich mal ein grundlegender Beitrag. (Hat sich
> > davor überhaupt schon jemand wissenschaftlich mit dem Deutschen
> > beschäftigt?)
>
> Habe mal Erkundigungen eingezogen (Dank an Ulrich Victor,
> Altphilologe an unserm Institut)
> ---schnipp--
> Die diachronische Betrachtungsweise ist in der Frage des Artikels von
> Fremdwörtern fehl am Platz. Die Betrachtungsweise muß synchron sein
> [gemeint ist zeitlich, GD], weil die Sprecher nach Analogien suchen.
> Es heißt z. B. die Bouillon, 

Wer sagt denn _die_ Bouillon? Ich jedenfalls nicht. Noch nie. 
Immer "der".

> weil im Deutschen die Brühe, statt 
> richtig der Bouillon / le bouillon, und es  heißt (auch) der Meter,
> weil  -er eine maskuline Endung hat  (Bäck-er etc.). 

Aber: das Chronometer (u.a.) 

> die Frage nach 
> vallum, vallus trifft die Sache nicht. Das Wort  -wall bestimmt in
> firewall das Geschlecht, und das ist eben, ungeachtet gewisser
> Unterschiede, im Deutschen der Wall. Sind Sie nun klüger?  U.V.
> ---schnapp---
> Er räumte aber auf meinen Hinweis engl. wall = deutsch die Mauer (wg.
> synchroner Betrachtungsweise) sofort ein, dass dies ebensogut den
> Ausschlag geben könne. Zu meiner These, lat. Lehnwörter bestimmten
> das deutsche Geschlecht: das kann, muss aber nicht sein. Es gibt im
> wesentlichen 2 Fälle: 1. Lehnwörter, i.d.R. bis zum 12. Jh.
> übernommen, orientieren sich höchst sporadisch am lat. Genus, gern
> auch am bloßen Klang. D.h. für den deutschen Wall: kann von vallus,
> i. mask. herrühren (Grimm ist ein schönes Wörterbuch, hat hier aber
> nichts zu sagen, da ist man heute weiter (sagt er)), aber ebensogut
> an ähnlichen Einsilbern wie Fall, Schall, Hall.

Auch ein interessanter Ansatz.

> 2. Fall: die "echten" Fremdwörter, wie meine Summe. Die bildeten sich
> seit dem 15. Jh. und hier ging man strikter, wenn auch immer noch
> nicht völlig strikt nach dem Genus des Ursprungwortes.
> Ergo: Ihr habt recht, auch wenn (s.u.) Weekley's etym. Wörterbuch
> engl. wall vom lat. vallum abstammen lässt.
>
> Grimm kann sich ja nicht richtig entscheiden, weswegen beide Parteien
> ihn für sich in Anspruch nehmen können:
> > > [...]
> > > aufgeschüttet wird; an urverwandtschaft mit diesem wort zu
> > > denken, liegt kein genügender grund vor. der wechsel des
> > > geschlechts hat seine analogie an wein, lat. vinum und vielen
> > > andern wörtern, doch
>
> spricht für euch
>
> > > kommt früher auch das neutr. vor, namentlich in der bedeutung
> > > 'burgwall' (unten 1), auch STIELER 2412 kennt noch das wahl (in
> > > den verbindungen nur der wall)...
>
> Doch nicht
>
> > > bedeutung und gebrauch. lat. vallum ist der mit pallisaden
> > > versehene wall um das lager oder auch die pallisadenverschanzung
> > > selbst. davon weicht das asächs. wal 'wand, mauer' ab, das mit
> > > fries. wal RICHTHOFEN 1122 und ags. weall BOSWORTH-TOLLER 1074
> > > übereinstimmt:
>
> Dicker Punkt für euch, aber ...
>
> > >[...]
> > >
> > >  wegen dieser abweichenden bedeutung das asächs. ags. wort von
> > > vallum ganz zu trennen oder nur urverwandtschaft  [27,1257]   mit
> > > diesem anzunehmen, ist nicht genügend gerechtfertigt.
> > > wahrscheinlich diente schon im vulgärlat. vallum auch zur
> > > bezeichnung einer aus stein und mörtel hergestellten
> > > befestigungsmauer, so dasz die Sachsen sich dann das wort in der
> > > bedeutung 'mauer' aneignen konnten. im hochd. scheint
>
> Na also. Bedeutungswandel ist normal, ja zwangsläufig, und
> entscheidet hier nicht. Solange vallum nicht aus dem Spiel ist, ist
> es auch nicht der Firewall (wg. vallus koll. für vallum, wenn sowohl
> deutsch Wall wie engl. wall etym. von vallum abstammen)
>
> > > diese verwendung nicht bekannt gewesen zu sein, wie überhaupt
> > > wall in den ältesten quellen fehlt. NOTKER im Boetius 1, 29 (1,
> > > 46, 20 ff. Piper) bedient sich bei der beschreibung der römischen
> > > lagerbefestigung des ausdrucks grabohûfo für 'wall'. dagegen
> > > erscheint in einem glossar des 11. jahrh. bei den sich auf eine
> > > burg beziehenden ausdrücken auch hiatus, erdewal. STEINMEYER -
> > > SIEVERS gl. 3, 381, 8. wall bezeichnet also zunächst die zur
> > > befestigung dienende erdaufschüttung, ohne dasz wie bei vallum
> > > ein darauf angebrachter zaun mitverstanden zu werden pflegt.
> > > später werden auch andre dämme und erdaufwürfe und selbst
> > > natürliche erhebungen wall genannt; so entwickelt sich auch das
>

Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-07 Diskussionsfäden Frank Küster
Frank Küster <[EMAIL PROTECTED]> wrote:

> - Wie "fühlt" sich das Wort an - z.B. wird man wohl eher "das stärker
>   verbreitete BSE" sagen als "die... BSE", auch wenn es natürlich eine
>   Abkürzung für Enzephalopatie ist.
 ^ da fehlt ein h

Ich habe gute Chancen, den "Most typos in an off-topic thread about
language"-award zu kriegen...

Gruß, Frank
-- 
Frank Küster
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Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-07 Diskussionsfäden Frank Küster
Gebhard Dettmar <[EMAIL PROTECTED]> wrote:

> On Thursday 06 April 2006 10:27, Frank Küster wrote:
>> Gebhard Dettmar <[EMAIL PROTECTED]> wrote:
>> > On Wednesday 05 April 2006 11:48, Frank Küster wrote:
>> >> Gebhard Dettmar <[EMAIL PROTECTED]> wrote:
>> >> >> > [...]
>> >> >
>> >> > [...]
>>
>> Nun ist aber firewall über das englische zu uns gelangt, und dort gibt
>> es gar kein grammatikalisches Geschlecht, oder irre ich mich?
>>
> Natürlich nicht, deswegen muss man es eben "erfinden", sprich, von der  
> deutschen Übersetzung herleiten. 

Oder aus dem deutschen Sprachgefühl, oder dem Zufall, oder wasweissich.

>> Warum willst du immer aufs Lateinische raus?  Muss ich jetzt Lehnwörter
>> suchen, die keinen Lateinischen Ursprung haben?  Ziffer kommt laut
>
> Weil, wie gesagt, Wall und wall vallum als Ursprung haben. 

Ich hege große Zweifel dass die Leute, die zuerst "Firewall" in
deutschen Sätzen verwendet bzw. geschrieben haben, genug Latein konnten
*und* sich dafür interessiert hätten.  Ich behaupte, über das verwendete
Geschlecht entscheidet eine Mischung von Gründen, etwa

- gibt es bereits ein deutsches Wort mit ähnlicher Bedeutung?  (Wie etwa
  beim Schein-Fremdwort "Handy" das Telefon)

- gibt es für einen Hauptbestandteil eines zusammengesetzten Fremdwortes
  ein deutsches Wort?

- Wie "fühlt" sich das Wort an - z.B. wird man wohl eher "das stärker
  verbreitete BSE" sagen als "die... BSE", auch wenn es natürlich eine
  Abkürzung für Enzephalopatie ist.

Übrigens sieht man beim BSE auch, dass viele Fremdworte möglichst so
gebraucht werden, dass man sich nicht festlegen muss (z.B. der
Wikipedia-Artikel
http://de.wikipedia.org/wiki/Public_Private_Partnership); wahrscheinlich
entscheidet man sich erst für einen Artikel, wenn das Wort geläufiger
geworden ist.

Die einzige Sorte Wörter, bei denen ich denke, dass man wirklich
einfache Gesetzmäßigkeiten findet, sind solche, die in der Fremdsprache
in einer Weise aus dem Wortstamm gebildet wurden, wie es auch im
Deutschen möglich wäre.  Beispiel: route -> router, Verb+er geht auch im
Deutschen, also wie im Deutschen "der Router".

>> Ich spreche URL Url, da sträubt sich gar nichts.  Denkst du "die BSE",
>> wenn du vom Rinderwahn sprichst (i.d.R. ohne Artikel, aber mit
>> Geschlecht, z.B. "...im Vergleich zum viel weiter verbreiteten BSE")?
>
> Das geht beides (Neutrum und femininum), da griech. pathos, ous, to 
> (=neutrum) und pathe, es, he (=fem.) Leiden heißt.

Aber encephalopathy/Enzephalopathie ist doch wohl ohne Zweifel
feminin.

Gruß, Frank

-- 
Frank Küster
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Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-07 Diskussionsfäden Gebhard Dettmar
Andre Berger wrote:
> * Gebhard Dettmar (2006-04-07):
>> On Thursday 06 April 2006 14:25, Matthias Houdek wrote:
>> > [...]
>> >
> Die Grimmschen Beitraege zu ihrem Woerterbuch stammen aus der Mitte
> des 19. Jahrhunderts. NB: Ihre Orthographie ist allerdings viel
> moderner als die manches Konservativen heutzutage.
>
Nicht wahr - das ist mir auch aufgefallen
Gruß, Gebhard


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Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-07 Diskussionsfäden Andre Berger
* Gebhard Dettmar (2006-04-07):
> On Thursday 06 April 2006 14:25, Matthias Houdek wrote:
> > Hallo Heimo Ponnath, hallo auch an alle anderen
> > Mittwoch, 5. April 2006 22:09 - Heimo Ponnath wrote:
> > > Die Diskussion wird immer interessanter,
> > > Am Mittwoch, 5. April 2006 20:48 schrieb Gebhard Dettmar:
> > > > Das steht halt so in meinem Langenscheidt:
> > > Dann schiebe ich hier doch mal noch herein, was das Große Deutsche
> > > Wörterbuch der Gebrüder Grimm dazu sagt.
[...]
> Die diachronische Betrachtungsweise ist in der Frage des Artikels von  
> Fremdwörtern fehl am Platz. Die Betrachtungsweise muß synchron sein 

FACK

[...]
>
> Grimm kann sich ja nicht richtig entscheiden, weswegen beide Parteien ihn 
> für sich in Anspruch nehmen können:
> > > [...]
> > > aufgeschüttet wird; an urverwandtschaft mit diesem wort zu denken,
> > > liegt kein genügender grund vor. der wechsel des geschlechts hat
> > > seine analogie an wein, lat. vinum und vielen andern wörtern, doch

Die Grimmschen Beitraege zu ihrem Woerterbuch stammen aus der Mitte
des 19. Jahrhunderts. NB: Ihre Orthographie ist allerdings viel
moderner als die manches Konservativen heutzutage.

-Andre


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Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-06 Diskussionsfäden Gebhard Dettmar
On Thursday 06 April 2006 10:27, Frank Küster wrote:
> Gebhard Dettmar <[EMAIL PROTECTED]> wrote:
> > On Wednesday 05 April 2006 11:48, Frank Küster wrote:
> >> Gebhard Dettmar <[EMAIL PROTECTED]> wrote:
> >> >> > [...]
> >> >
> >> > [...]
>
> Nun ist aber firewall über das englische zu uns gelangt, und dort gibt
> es gar kein grammatikalisches Geschlecht, oder irre ich mich?
>
Natürlich nicht, deswegen muss man es eben "erfinden", sprich, von der  
deutschen Übersetzung herleiten. Da sowohl deutsch Wall wie engl wall von 
lat. vallum abstammen, dachte ich - falsch (s. Antwort an Matthias)
> > [...]
>
> >> > Das Wort selbst kann also
> >> > Erweiterungen/Umdeutungen, sei es auf dichterischen,
> >> > wissenschaftlichen oder umgangssprachlichen Wegen, das spielt hier
> >> > keine Rolle, unterliegen, doch das Genus wird immer Feminimum
> >> > bleiben.
> >>
> >> Auch das bezweifle ich.  Das korrekte Geschlecht für Filter ist
> >> Neutrum, aber Maskulin wird immer häufiger verwendet.  Nach meinem
> >> Eindruck beginnt sich da auch ein Bedeutungsunterschied
> >> herauszubilden:  In der Umgangssprache Maskulin (der
> >> Kraftstofffilter, der Polfilter für die Kamera, der Kaffeefilter), in
> >> einzelnen Fachsprachen (Chemie, Optik, Elektrotechnik) Neutrum
> >
Das ist wirklich merkwürdig. Das sieht ja so aus, als wären bei diesen 
Beispielen stets die Substantive vor Filter entscheidend - Kraftstoff, Pol 
usw.

> > filtrum, i, n. gibts erst im Mittellatein. Das läuft für meine
> > Behauptung außer Konkurrenz (Mittellatein ist kein Latein, s.
> > Laurentius Valla & Co.)
>
> Warum willst du immer aufs Lateinische raus?  Muss ich jetzt Lehnwörter
> suchen, die keinen Lateinischen Ursprung haben?  Ziffer kommt laut

Weil, wie gesagt, Wall und wall vallum als Ursprung haben. Wenn der nun 
bei anderen Wörtern arabisch ist, muss man halt schauen, wobei deine 
Beispiele ja wirklich zum Grübeln Anlass geben.

> Wikipedia aus dem Arabischen, die Ziffer, le chiffre. Genauso: die
> Aprikose, l'apricot (m), die Maske, le masque, das (Schach)Matt,  mat
> (m).  Offenbar gilt eine Regel, dass man bei der Übernahme aus dem
> Arabischen ein Geschlecht nehmen muss, das die Franzosen nicht genommen
> haben, oder umgekehrt.  Andererseits würde es mich extrem wundern, wenn
> alle diese Begriffe unabhängig voneinander zweimal in europäische
> Sprachen übernommen worden wären.  Viel wahrscheinlicher ist, dass sie
> zunächst in eine (i.d.R. am Mittelmeer gesprochene) Sprache übernommen
> wurden und dann weiterwanderten.
>
Glaub ich auch. Das müssen im Fall des Arabischen die Mauren in Spanien 
gewesen sein. Kreuzzüge dürften auch das ihre dazu beigetragen haben, dazu 
haben die Araber auch öfter Süditalien, im 8. Jh. auch Rom bedroht. Das 
muss dann auch das Mittellateinische beeinflusst haben, da das ja keine 
tote Sprache war. Also nehmen wir mal an, arab. sifr wäre wie im 
Französischen maskulin, dann ist es irgendwie - das ist jetzt die Frage 
wgen der wirklich auffälligen Genusverschiebungen - im Mittellateinischen 
zu ciphra, auch cephirum geworden (s. 
http://www.typolexikon.de/a/arabische-ziffern.html
in meinen Wörterbüchern gibt es beides nicht, da braucht ma ein 
mittellateinisches Wörterbuch, seh ich erst morgen in der Bibl.
> >> [...]
>
> Ich spreche URL Url, da sträubt sich gar nichts.  Denkst du "die BSE",
> wenn du vom Rinderwahn sprichst (i.d.R. ohne Artikel, aber mit
> Geschlecht, z.B. "...im Vergleich zum viel weiter verbreiteten BSE")?

Das geht beides (Neutrum und femininum), da griech. pathos, ous, to 
(=neutrum) und pathe, es, he (=fem.) Leiden heißt.
Gruß, Gebhard

-- 
In the stairway of life, you'd best take the elevator.



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-06 Diskussionsfäden Gebhard Dettmar
On Thursday 06 April 2006 14:25, Matthias Houdek wrote:
> Hallo Heimo Ponnath, hallo auch an alle anderen
>
> Mittwoch, 5. April 2006 22:09 - Heimo Ponnath wrote:
> > Die Diskussion wird immer interessanter,
> >
> > Am Mittwoch, 5. April 2006 20:48 schrieb Gebhard Dettmar:
> > > Das steht halt so in meinem Langenscheidt:
> >
> > Dann schiebe ich hier doch mal noch herein, was das Große Deutsche
> > Wörterbuch der Gebrüder Grimm dazu sagt.
>
> Das ist ja nun endlich mal ein grundlegender Beitrag. (Hat sich davor
> überhaupt schon jemand wissenschaftlich mit dem Deutschen beschäftigt?)
>
Habe mal Erkundigungen eingezogen (Dank an Ulrich Victor, Altphilologe an 
unserm Institut)
---schnipp--
Die diachronische Betrachtungsweise ist in der Frage des Artikels von  
Fremdwörtern fehl am Platz. Die Betrachtungsweise muß synchron sein 
[gemeint ist zeitlich, GD], weil die Sprecher nach Analogien suchen. Es 
heißt z. B. die Bouillon, weil im Deutschen die Brühe, statt richtig der 
Bouillon / le bouillon, und es  heißt (auch) der Meter, weil  -er eine 
maskuline Endung hat  (Bäck-er etc.). die Frage nach vallum, vallus trifft 
die Sache nicht. Das Wort  -wall bestimmt in firewall das Geschlecht, und 
das ist eben, ungeachtet gewisser Unterschiede, im Deutschen der Wall. 
Sind Sie nun klüger?  U.V.
---schnapp---
Er räumte aber auf meinen Hinweis engl. wall = deutsch die Mauer (wg. 
synchroner Betrachtungsweise) sofort ein, dass dies ebensogut den 
Ausschlag geben könne. Zu meiner These, lat. Lehnwörter bestimmten das 
deutsche Geschlecht: das kann, muss aber nicht sein. Es gibt im 
wesentlichen 2 Fälle: 1. Lehnwörter, i.d.R. bis zum 12. Jh. übernommen, 
orientieren sich höchst sporadisch am lat. Genus, gern auch am bloßen 
Klang. D.h. für den deutschen Wall: kann von vallus, i. mask. herrühren 
(Grimm ist ein schönes Wörterbuch, hat hier aber nichts zu sagen, da ist 
man heute weiter (sagt er)), aber ebensogut an ähnlichen Einsilbern wie 
Fall, Schall, Hall.
2. Fall: die "echten" Fremdwörter, wie meine Summe. Die bildeten sich seit 
dem 15. Jh. und hier ging man strikter, wenn auch immer noch nicht völlig 
strikt nach dem Genus des Ursprungwortes.
Ergo: Ihr habt recht, auch wenn (s.u.) Weekley's etym. Wörterbuch engl. 
wall vom lat. vallum abstammen lässt.

Grimm kann sich ja nicht richtig entscheiden, weswegen beide Parteien ihn 
für sich in Anspruch nehmen können:
> > [...]
> > aufgeschüttet wird; an urverwandtschaft mit diesem wort zu denken,
> > liegt kein genügender grund vor. der wechsel des geschlechts hat
> > seine analogie an wein, lat. vinum und vielen andern wörtern, doch

spricht für euch

> > kommt früher auch das neutr. vor, namentlich in der bedeutung
> > 'burgwall' (unten 1), auch STIELER 2412 kennt noch das wahl (in den
> > verbindungen nur der wall)...

Doch nicht

> > bedeutung und gebrauch. lat. vallum ist der mit pallisaden versehene
> > wall um das lager oder auch die pallisadenverschanzung selbst. davon
> > weicht das asächs. wal 'wand, mauer' ab, das mit fries. wal
> > RICHTHOFEN 1122 und ags. weall BOSWORTH-TOLLER 1074 übereinstimmt:

Dicker Punkt für euch, aber ...
> >[...]
> >
> >  wegen dieser abweichenden bedeutung das asächs. ags. wort von vallum
> > ganz zu trennen oder nur urverwandtschaft  [27,1257]   mit diesem
> > anzunehmen, ist nicht genügend gerechtfertigt. wahrscheinlich diente
> > schon im vulgärlat. vallum auch zur bezeichnung einer aus stein und
> > mörtel hergestellten befestigungsmauer, so dasz die Sachsen sich dann
> > das wort in der bedeutung 'mauer' aneignen konnten. im hochd. scheint

Na also. Bedeutungswandel ist normal, ja zwangsläufig, und entscheidet 
hier nicht. Solange vallum nicht aus dem Spiel ist, ist es auch nicht der 
Firewall (wg. vallus koll. für vallum, wenn sowohl deutsch Wall wie engl. 
wall etym. von vallum abstammen)

> > diese verwendung nicht bekannt gewesen zu sein, wie überhaupt wall in
> > den ältesten quellen fehlt. NOTKER im Boetius 1, 29 (1, 46, 20 ff.
> > Piper) bedient sich bei der beschreibung der römischen
> > lagerbefestigung des ausdrucks grabohûfo für 'wall'. dagegen
> > erscheint in einem glossar des 11. jahrh. bei den sich auf eine burg
> > beziehenden ausdrücken auch hiatus, erdewal. STEINMEYER - SIEVERS gl.
> > 3, 381, 8. wall bezeichnet also zunächst die zur befestigung dienende
> > erdaufschüttung, ohne dasz wie bei vallum ein darauf angebrachter
> > zaun mitverstanden zu werden pflegt. später werden auch andre dämme
> > und erdaufwürfe und selbst natürliche erhebungen wall genannt; so
> > entwickelt sich auch das nd. wall 'küste'. doch steht wall als theil
> > einer befestigung immer im vordergrund. auch der bildliche gebrauch
> > knüpft fast ausschlieszlich daran an...
>
> Tja, da waren die Angelsachsen wohl in der Verwendung des Begriffes
> schon ein wenig weiter - und inzwischen hat er eine (fast)
> grundsätzlich andere Bedeutung. ;-)
>
Da haben wir doch nichts als eine Veränderung der Bauweise (Pallisaden -> 
Erdhaufen -> Maue

Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-06 Diskussionsfäden Klaus Dahlwitz
Frank Küster <[EMAIL PROTECTED]> wrote:

> Ich bin auch Chemicker, und uns wurde im ersten Semester eingetrichtert,
> wie es richtig heißt.

Ich wusste schon vor meinem unvollendeten Chemie-Studium, wie es richtig
heisst: Chemiker.

SCNR
Klaus



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-06 Diskussionsfäden Matthias Houdek
Hallo Heimo Ponnath, hallo auch an alle anderen

Mittwoch, 5. April 2006 22:09 - Heimo Ponnath wrote:
> Die Diskussion wird immer interessanter,
>
> Am Mittwoch, 5. April 2006 20:48 schrieb Gebhard Dettmar:
> > Das steht halt so in meinem Langenscheidt:
>
> Dann schiebe ich hier doch mal noch herein, was das Große Deutsche
> Wörterbuch der Gebrüder Grimm dazu sagt.

Das ist ja nun endlich mal ein grundlegender Beitrag. (Hat sich davor 
überhaupt schon jemand wissenschaftlich mit dem Deutschen beschäftigt?)

> Wall gibt hier in drei Formen, einmal als neutrum, zweimal masculin:
>
> Ausschnitt-Zitate:
> --
> WALL [Lfg. 27,7],  n. eine anzahl von achtzig stück, zunächst bei
> fischen, s. wal.
>
> WALL [Lfg. 27,7],  m. erdaufschüttung, besonders zum zwecke der
> befestigung; erderhöhung gegen das meer, küste. entlehnt aus lat.
> vallum, n., der mit pallisaden versehene damm, der um das lager
> aufgeschüttet wird; an urverwandtschaft mit diesem wort zu denken,
> liegt kein genügender grund vor. der wechsel des geschlechts hat
> seine analogie an wein, lat. vinum und vielen andern wörtern, doch
> kommt früher auch das neutr. vor, namentlich in der bedeutung
> 'burgwall' (unten 1), auch STIELER 2412 kennt noch das wahl (in den
> verbindungen nur der wall)...
> bedeutung und gebrauch. lat. vallum ist der mit pallisaden versehene
> wall um das lager oder auch die pallisadenverschanzung selbst. davon
> weicht das asächs. wal 'wand, mauer' ab, das mit fries. wal
> RICHTHOFEN 1122 und ags. weall BOSWORTH-TOLLER 1074 übereinstimmt:
>
>thô gesah waldand Krist
>   the gôdo te Hierusalêm,gumono betsta,
>   blîkan thena burges walendi bû Judeono. Heliand 3685.
>
>  dasz es speciell 'steinmauer' ist, ergibt sich daraus, dasz es
> sowohl im asächs. als im ags. auch übertragen für 'felswand, fels'
> steht:
>
>sie bigunnun sprekan undar im,
>   hwô sie ina sô craftagnefan ênumu clib¯e wurpin,
>   ob¯ar ênna berges wal.  eliand 2675.
>
>  wegen dieser abweichenden bedeutung das asächs. ags. wort von vallum
> ganz zu trennen oder nur urverwandtschaft  [27,1257]   mit diesem
> anzunehmen, ist nicht genügend gerechtfertigt. wahrscheinlich diente
> schon im vulgärlat. vallum auch zur bezeichnung einer aus stein und
> mörtel hergestellten befestigungsmauer, so dasz die Sachsen sich dann
> das wort in der bedeutung 'mauer' aneignen konnten. im hochd. scheint
> diese verwendung nicht bekannt gewesen zu sein, wie überhaupt wall in
> den ältesten quellen fehlt. NOTKER im Boetius 1, 29 (1, 46, 20 ff.
> Piper) bedient sich bei der beschreibung der römischen
> lagerbefestigung des ausdrucks grabohûfo für 'wall'. dagegen
> erscheint in einem glossar des 11. jahrh. bei den sich auf eine burg
> beziehenden ausdrücken auch hiatus, erdewal. STEINMEYER - SIEVERS gl.
> 3, 381, 8. wall bezeichnet also zunächst die zur befestigung dienende
> erdaufschüttung, ohne dasz wie bei vallum ein darauf angebrachter
> zaun mitverstanden zu werden pflegt. später werden auch andre dämme
> und erdaufwürfe und selbst natürliche erhebungen wall genannt; so
> entwickelt sich auch das nd. wall 'küste'. doch steht wall als theil
> einer befestigung immer im vordergrund. auch der bildliche gebrauch
> knüpft fast ausschlieszlich daran an...

Tja, da waren die Angelsachsen wohl in der Verwendung des Begriffes 
schon ein wenig weiter - und inzwischen hat er eine (fast) 
grundsätzlich andere Bedeutung. ;-)

Und was die Übername des Geschlechts vom lateinischen Ursprungswort 
angeht -> vgl. die 4 Beispiele in meiner anderen Mail (es mag jeder 
nach seinem Belieben weitere finden).

-- 
Gruß
MaxX

Bitte beachten: Diese Mailadresse nimmt nur Listenmails entgegen.
Für PM bitte den Empfänger gegen den Namen in der Sig tauschen.



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-06 Diskussionsfäden Gerhard Wolfstieg
 Gerhard Wolfstieg  am Thu, 6 Apr 2006 14:15:59 +0200:
> Einverstanden! Ich will aber das letzte Wort haben:
> es heißt aber wiederum DER Falter!
> 
> G., G.

Bervor der Vorwurf der Scharlatanerie und der Verdrehung erhoben wird: 
es geht bei dem oben aufgeführten maskulinen Substantiv wirklich um
Filter.  Der Falter ist jemand, der Filter faltet.

 Grüße,  K. V.



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-06 Diskussionsfäden Gerhard Wolfstieg
 frank paulsen  am Thu, 06 Apr 2006 13:54:44 +0200:
> Gerhard Wolfstieg <[EMAIL PROTECTED]> writes:
> 
> > Siehe aber:
> > das Filtertütchen und den Plural von Filter:  das Filtern
> 
> sowie die Filterzigarette.
> 
> wir sollten das hier besser nicht weiterfuehren...

Einverstanden! Ich will aber das letzte Wort haben:
es heißt aber wiederum DER Falter!

G., G.



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-06 Diskussionsfäden frank paulsen
Gerhard Wolfstieg <[EMAIL PROTECTED]> writes:

> Siehe aber:
> das Filtertütchen und den Plural von Filter:  das Filtern

sowie die Filterzigarette.

wir sollten das hier besser nicht weiterfuehren...



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-06 Diskussionsfäden frank paulsen
Frank Küster <[EMAIL PROTECTED]> writes:

> Ich bin auch Chemicker, und uns wurde im ersten Semester eingetrichtert,
> wie es richtig heißt.  Interessant, dass das nicht überall so ist - wo
> hast du studiert?  Ich in Würzburg und später in Regensburg, wo mir
> keine Diskrepanz aufgefallen ist.

Dortmund



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-06 Diskussionsfäden Frank Küster
Gebhard Dettmar <[EMAIL PROTECTED]> wrote:

> On Wednesday 05 April 2006 11:48, Frank Küster wrote:
>> Gebhard Dettmar <[EMAIL PROTECTED]> wrote:
>> >> > [...]
>> > als Beispiel die Summe von lat. summa, ae, f - kein Mensch käme im
>> > Traum auf die Idee, hier das Genus zu ändern.
>>
>> Einspruch.  das Trottoir, das Portemonnaie (oder wie immer man das jetzt
>> schreibt), das Kommunique (?), und ich bin fast sicher, dass es bei
>> Fremd- und Lehnworten aus dem Französischen sogar Fälle gibt, wo
>> maskulin und feminin vertauscht sind.  Und bei Übernahmen aus dem
>> Englischen muss man ein grammatisches Geschlecht "erfinden".  Welches
>> Geschlecht hat denn "the firewall"?
>>
> Na das deutsche Pendant. Und das ist bei Firewall vallus (sag ich) oder 
> vallum (sagt Frank Evers, was, wie ich wiederum behaupte, egal ist, da 
> vallum auch als Kollektivum für vallus dient) 

Nun ist aber firewall über das englische zu uns gelangt, und dort gibt
es gar kein grammatikalisches Geschlecht, oder irre ich mich?

> Mit dem Französischen aber, insb. mit ...
>
>> Ach ja, die Nase, le nez, la nariz.
>>
> bringst du mich echt ins Schwitzen. Erst mal würde ich hier argumentieren, 
> dass die französischen Wörter im wesentlichen durch die Napoleonische 
> Besetzung ins Deutsche kamen (vgl. berlinerisch: die Bulette, wenn du 
> Frikadelle sagst, wissen die echt nicht, was du meinst)

Es heißt Fleischpflanzerl/Fleischküchle :-)

> das ging aus 
> etymologischer Sicht sozusagen quick and dirty (berlinerisch: direktemang 
> ;-). Bei der 'Nase' wollte ich aber schon das Handtuch werfen, als ein 
> Blick ins Wörterbuch zu meinem nicht geringen Entsetzen: nasus, i, m. die 
> Nase zu Tage förderte. Zum Glück hast du la nariz miterwähnt: 
> naris, is, f. - Nasenloch, Nase
> Uff, Gottseidank ;-)

Aha, ein Punkt für dich.

>> > Das Wort selbst kann also
>> > Erweiterungen/Umdeutungen, sei es auf dichterischen,
>> > wissenschaftlichen oder umgangssprachlichen Wegen, das spielt hier
>> > keine Rolle, unterliegen, doch das Genus wird immer Feminimum bleiben.
>>
>> Auch das bezweifle ich.  Das korrekte Geschlecht für Filter ist Neutrum,
>> aber Maskulin wird immer häufiger verwendet.  Nach meinem Eindruck
>> beginnt sich da auch ein Bedeutungsunterschied herauszubilden:  In der
>> Umgangssprache Maskulin (der Kraftstofffilter, der Polfilter für die
>> Kamera, der Kaffeefilter), in einzelnen Fachsprachen (Chemie, Optik,
>> Elektrotechnik) Neutrum
>
> filtrum, i, n. gibts erst im Mittellatein. Das läuft für meine Behauptung 
> außer Konkurrenz (Mittellatein ist kein Latein, s. Laurentius Valla & Co.)

Warum willst du immer aufs Lateinische raus?  Muss ich jetzt Lehnwörter
suchen, die keinen Lateinischen Ursprung haben?  Ziffer kommt laut
Wikipedia aus dem Arabischen, die Ziffer, le chiffre. Genauso: die
Aprikose, l'apricot (m), die Maske, le masque, das (Schach)Matt,  mat
(m).  Offenbar gilt eine Regel, dass man bei der Übernahme aus dem
Arabischen ein Geschlecht nehmen muss, das die Franzosen nicht genommen
haben, oder umgekehrt.  Andererseits würde es mich extrem wundern, wenn
alle diese Begriffe unabhängig voneinander zweimal in europäische
Sprachen übernommen worden wären.  Viel wahrscheinlicher ist, dass sie
zunächst in eine (i.d.R. am Mittelmeer gesprochene) Sprache übernommen
wurden und dann weiterwanderten.

>> Sprichst du denn "Faierwal"?  Ich spreche "Faierwål", und da ist gar
>> nichts "direkt gegeben", weil "the wall" kein grammatisches Geschlecht
>> hat.
> Wie gesagt: stell dir URL ausgesprochen vor - "die" Uniform Ressource 
> Locator - da sträubt man sich doch, oder?

Ich spreche URL Url, da sträubt sich gar nichts.  Denkst du "die BSE",
wenn du vom Rinderwahn sprichst (i.d.R. ohne Artikel, aber mit
Geschlecht, z.B. "...im Vergleich zum viel weiter verbreiteten BSE")?  

Gruß, Frank
-- 
Frank Küster
Single Molecule Spectroscopy, Protein Folding @ Inst. f. Biochemie, Univ. Zürich
Debian Developer (teTeX)



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-06 Diskussionsfäden Gerhard Wolfstieg
 frank paulsen  am Wed, 05 Apr 2006 17:13:04 +0200:
> als Chemiker ist mir 'das' filter komplett unbekannt, egal ob es sich
> um rundfilter, faltenfilter, stoffilter, mebranfilter, taschenfilter,
> hoch- oder niederdruckfilter handelt.

Siehe aber:
das Filtertütchen und den Plural von Filter:  das Filtern

 Gr., Ge



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-06 Diskussionsfäden Frank Küster
frank paulsen <[EMAIL PROTECTED]> wrote:

> Frank Küster <[EMAIL PROTECTED]> writes:
>
>> Auch das bezweifle ich.  Das korrekte Geschlecht für Filter ist Neutrum,
>> aber Maskulin wird immer häufiger verwendet. 
>
> genau anderer ansicht:
> http://www.dwds.de/?woerterbuch=1&qu=filter&last_corpus=DWDS 
> Duden, 19. Auflage.

Naja, er legt halt den Schwerpunkt auf die Umgangssprache...

>>  Nach meinem Eindruck
>> beginnt sich da auch ein Bedeutungsunterschied herauszubilden:  In der
>> Umgangssprache Maskulin (der Kraftstofffilter, der Polfilter für die
>> Kamera, der Kaffeefilter), in einzelnen Fachsprachen (Chemie, Optik,
>> Elektrotechnik) Neutrum
>
> als Chemiker ist mir 'das' filter komplett unbekannt, egal ob es sich
> um rundfilter, faltenfilter, stoffilter, mebranfilter, taschenfilter,
> hoch- oder niederdruckfilter handelt.

Ich bin auch Chemicker, und uns wurde im ersten Semester eingetrichtert,
wie es richtig heißt.  Interessant, dass das nicht überall so ist - wo
hast du studiert?  Ich in Würzburg und später in Regensburg, wo mir
keine Diskrepanz aufgefallen ist.

Gruß, Frank
-- 
Frank Küster
Single Molecule Spectroscopy, Protein Folding @ Inst. f. Biochemie, Univ. Zürich
Debian Developer (teTeX)



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-05 Diskussionsfäden Heimo Ponnath
Die Diskussion wird immer interessanter,

Am Mittwoch, 5. April 2006 20:48 schrieb Gebhard Dettmar:
> Das steht halt so in meinem Langenscheidt:

Dann schiebe ich hier doch mal noch herein, was das Große Deutsche 
Wörterbuch der Gebrüder Grimm dazu sagt.

Wall gibt hier in drei Formen, einmal als neutrum, zweimal masculin:

Ausschnitt-Zitate:
--
WALL [Lfg. 27,7],  n. eine anzahl von achtzig stück, zunächst bei 
fischen, s. wal.

WALL [Lfg. 27,7],  m. erdaufschüttung, besonders zum zwecke der 
befestigung; erderhöhung gegen das meer, küste. entlehnt aus lat. 
vallum, n., der mit pallisaden versehene damm, der um das lager 
aufgeschüttet wird; an urverwandtschaft mit diesem wort zu denken, 
liegt kein genügender grund vor. der wechsel des geschlechts hat 
seine analogie an wein, lat. vinum und vielen andern wörtern, doch 
kommt früher auch das neutr. vor, namentlich in der bedeutung 
'burgwall' (unten 1), auch STIELER 2412 kennt noch das wahl (in den 
verbindungen nur der wall)...
bedeutung und gebrauch. lat. vallum ist der mit pallisaden versehene 
wall um das lager oder auch die pallisadenverschanzung selbst. davon 
weicht das asächs. wal 'wand, mauer' ab, das mit fries. wal 
RICHTHOFEN 1122 und ags. weall BOSWORTH-TOLLER 1074 übereinstimmt: 

 thô gesah waldand Krist
the gôdo te Hierusalêm,gumono betsta,
blîkan thena burges walendi bû Judeono. Heliand 3685.

 dasz es speciell 'steinmauer' ist, ergibt sich daraus, dasz es sowohl 
im asächs. als im ags. auch übertragen für 'felswand, fels' steht: 

 sie bigunnun sprekan undar im,
hwô sie ina sô craftagnefan ênumu clib¯e wurpin,
ob¯ar ênna berges wal.  eliand 2675.

 wegen dieser abweichenden bedeutung das asächs. ags. wort von vallum 
ganz zu trennen oder nur urverwandtschaft  [27,1257]   mit diesem 
anzunehmen, ist nicht genügend gerechtfertigt. wahrscheinlich diente 
schon im vulgärlat. vallum auch zur bezeichnung einer aus stein und 
mörtel hergestellten befestigungsmauer, so dasz die Sachsen sich dann 
das wort in der bedeutung 'mauer' aneignen konnten. im hochd. scheint 
diese verwendung nicht bekannt gewesen zu sein, wie überhaupt wall in 
den ältesten quellen fehlt. NOTKER im Boetius 1, 29 (1, 46, 20 ff. 
Piper) bedient sich bei der beschreibung der römischen 
lagerbefestigung des ausdrucks grabohûfo für 'wall'. dagegen 
erscheint in einem glossar des 11. jahrh. bei den sich auf eine burg 
beziehenden ausdrücken auch hiatus, erdewal. STEINMEYER - SIEVERS gl. 
3, 381, 8. wall bezeichnet also zunächst die zur befestigung dienende 
erdaufschüttung, ohne dasz wie bei vallum ein darauf angebrachter 
zaun mitverstanden zu werden pflegt. später werden auch andre dämme 
und erdaufwürfe und selbst natürliche erhebungen wall genannt; so 
entwickelt sich auch das nd. wall 'küste'. doch steht wall als theil 
einer befestigung immer im vordergrund. auch der bildliche gebrauch 
knüpft fast ausschlieszlich daran an...

WALL [Lfg. 27,7],  m. wallung des wassers, strudel, aufkochen. 
abstractbildung zu wallen I, die vor dem 12. jahrh. nicht 
nachzuweisen ist, daneben steht walle (s. d.). auch mnl. wal, wallung 
des wassers, strudel (jetzt vläm. wal, wel 'aufwallen' DE BO 1179), 
ags. weall, m. oder n. gekochter wein. BOSWORTH-TOLLER 1174.  ...

Und der Kleine Muret Sanders übersetzt firewall (n) ganz profan als 
Brandmauer (f).

Gruß von Heimo
-- 
Heimo Ponnath Design, Rotenhäuserstr. 51, 21109 Hamburg
Tel: 040-753 47 95,Fax: 040-752 68 03, http://www.heimo.de/



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-05 Diskussionsfäden Gebhard Dettmar
On Wednesday 05 April 2006 13:04, Frank Evers wrote:
> Am Mittwoch, 5. April 2006 11:21 schrieb Gebhard Dettmar:
> > On Tuesday 04 April 2006 16:23, Frank Evers wrote:
> > > lateinischen Ursprung, nämlich vallum, -i (neutrum !!). Gemeint
> > > war damit zunächst eine aus senkrecht in den Boden geschlagenen
> > > Pfählen (lat. vallus, -i, m), also einer Pallisade, errichtete
> > > Verteidigungsanlage.
> >
> > Das ist doch keine unterschiedliche Wortbedeutung - vallum ist ein
> > Kollektivum für vallus, i.e. Schutzwehr. Ein vallus ist ein
> > Schutzwall, der konkret aus Pallisaden besteht, ein Schutzwall kann
> > aber auch aus Erde und div. anderem bestehen -->  daher das Neutrum
> > von vallum, da Neutrum ja immer für Kollektivismen verwendet wird.
> > Die Semantik bleibt in beiden Fällen aber gleich.
>
> Du hast denke ich unrecht. Vallus ist in erster Linie ein (einzelner)
> Pfahl, auch wenn das Wort metaphorisch in der Bedeutung von
> Pfahlreihe verwendet wurde (dann aber in der Mehrzahl iirc). Vallum
> dagegen bezeichnet die Palisadenbestandene Schutzwehr, die
> ursprünglich (und auch später nicht zwingend) Graben und Wall
> beinhaltete. Wall und wall leiten sich nicht von unterschiedlichen
> Bedeutungen des Wortes vallum ab, wohl aber in unterschiedlicher
> Weise wie zuvor beschrieben.
>
Das steht halt so in meinem Langenscheidt: 
vallum, i, n (coll. zu vallus) 
[coll.=Kollektivum, und diese Funktion hat das Neutrum ja oft, GD]
Dito vallus, i, m. = Pfahl, Pallisade(n), Barrikaden. 
Wenn das Plural erforderte, wäre es vermerkt, außerdem machen die Lateiner 
das permanent (Concretum pro abstracto, Pars pro toto, Metonymie, 
Synekdoche, kollektiver Singular - das ist eine Wissenschaft für sich und 
das kann beim Übersetzen ganz schön nerven)
Stowasser schreibt bei vallum in Klammern vallus dahinter, bei vallus: 
Pfahl, ..., kollekt. Schanzpfähle, Verschanzung, Wall
Das müsste man jetzt natürlich noch an einer höheren Instanz verifizieren, 
also Georges oder Oxford Latin Dictionary, bzw. durch Phi (elektr. 
Datenbank des Thesaurus Linguae Latinae) jagen und gucken, wie oft vallus 
und vallum den Wall bezeichnen. Bis jetzt spricht IMHO alles für Gerhard, 
ich kann aber natürlich auch nicht ausschließen, dass du recht hast. 

> > > > Es gibt immer wieder Gegensätze zwischen
> > > > denen gibt, die kreativ mit der Sprache umgehen und sorgsam wie
> > > > den größten Schatz pflegen und Anderen. Dabei ziehen
> > > > Schriftsteller und Dichter wie Karl Kraus in der Regel den
> > > > Kürzeren.
>
> das war nicht von mir ;)
>
Ich weiß. Mir gefiel nur nicht so richtig, wie Gerhard sein Maskulinum 
verteidigte. Und ich finde auch solche Unterscheidungen wie innere/äußere 
Sprachlogik weder einleuchtend noch überhaupt relevant in dieser Frage. 
Wenn die Rechtschreibreform sagt, dass kurze Vokale mit ss, lange mit ß 
geschrieben werden, ist das dann äußere oder innere Logik? Wenn äußere, 
würde ich gern mal ein Beispiel für innere sehen - Sprache hat sich in der 
Orthographie schon immer v.a. am Klang und der wiederum an der Abfolge von 
Konsonanten oder Vokalen (Prosodie im lat.) orientiert, innere Logik 
müsste meinem Verständnis nach wenn überhaupt für etwas, dann Grammatik = 
Syntax stehen.
Hier aber sind wir bei der Wortkunde, die man vielleicht als eine Art 
Bindeglied zwischen Ortographie und Syntax ansehen kann - nur hat das, 
i.e. Gerhards Vorwurf der Missachtung der inneren Logik von Sprache, IMHO 
a) nichts mit dem Thema zu tun. - und ist b) als Vorwurf an die 
Rechtschreibreform absurd

> > Das hat in dieser Frage aber nichts zu sagen. Ob wissenschaftlich,
> > umgangssprchlich oder dichterisch - bei Wortübernahmen aus toten
> > Sprachen wird das Genus des Ursprungs immer beibehalten. Nehmen wir
> > als Beispiel die Summe von lat. summa, ae, f - kein Mensch käme im
> > Traum auf die Idee, hier das Genus zu ändern.
>
> Für Wall gilt dies offenbar nicht, der ist abgeleitet von vallum, -i,n
> nicht von vallus,-i, m   ;)
>
s.o.
> > Also kann man bei Firewall streiten, ob Neutrum oder Maskulinum zu
> > wählen ist (Neutrum könnte man mit Kollektivum für HW und
> > SW-Firewalls rechtfertigen),
>
> Firewall ist nicht aus dem toten Lateinischen, sondern aus dem sehr
> lebendigen Englischen abgeleitet (so man es denn wie die

das wiederum aus dem in dieser Beziehung auch nicht sooo toten Latein ... 
;-)
> Duden-Redaktion als deutsches (Lehn-)Wort betrachtet). Das Geschlecht
> (nämlich neutrum) wurde offenbar nicht übernommen, denn wir
> unterhalten uns ja über der oder die Firewall. Gerhard möchte dazu
> den Feuerwall anstrengen, und muss dazu bis zu einer gemeinsamen
> Herkunft einer Wortkomponente ausholen, ich dagegen nehme mir einfach
> ein englisches Wörterbuch und finde dort als direkte, sinngemäße und
> wörtliche (fire = der Brand, wall = die Mauer) Übersetzung die
> Brandmauer.

S. Antwort an Matthias

> Meinewegen kann Gerhard auf Etruskische verweisen oder die Geister von
> Goethe, Schiller und Kleist persönli

Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-05 Diskussionsfäden Gebhard Dettmar
On Wednesday 05 April 2006 11:48, Frank Küster wrote:
> Gebhard Dettmar <[EMAIL PROTECTED]> wrote:
> >> > [...]
> > als Beispiel die Summe von lat. summa, ae, f - kein Mensch käme im
> > Traum auf die Idee, hier das Genus zu ändern.
>
> Einspruch.  das Trottoir, das Portemonnaie (oder wie immer man das jetzt
> schreibt), das Kommunique (?), und ich bin fast sicher, dass es bei
> Fremd- und Lehnworten aus dem Französischen sogar Fälle gibt, wo
> maskulin und feminin vertauscht sind.  Und bei Übernahmen aus dem
> Englischen muss man ein grammatisches Geschlecht "erfinden".  Welches
> Geschlecht hat denn "the firewall"?
>
Na das deutsche Pendant. Und das ist bei Firewall vallus (sag ich) oder 
vallum (sagt Frank Evers, was, wie ich wiederum behaupte, egal ist, da 
vallum auch als Kollektivum für vallus dient) 
Mit dem Französischen aber, insb. mit ...

> Ach ja, die Nase, le nez, la nariz.
>
bringst du mich echt ins Schwitzen. Erst mal würde ich hier argumentieren, 
dass die französischen Wörter im wesentlichen durch die Napoleonische 
Besetzung ins Deutsche kamen (vgl. berlinerisch: die Bulette, wenn du 
Frikadelle sagst, wissen die echt nicht, was du meinst) das ging aus 
etymologischer Sicht sozusagen quick and dirty (berlinerisch: direktemang 
;-). Bei der 'Nase' wollte ich aber schon das Handtuch werfen, als ein 
Blick ins Wörterbuch zu meinem nicht geringen Entsetzen: nasus, i, m. die 
Nase zu Tage förderte. Zum Glück hast du la nariz miterwähnt: 
naris, is, f. - Nasenloch, Nase
Uff, Gottseidank ;-)

> > Das Wort selbst kann also
> > Erweiterungen/Umdeutungen, sei es auf dichterischen,
> > wissenschaftlichen oder umgangssprachlichen Wegen, das spielt hier
> > keine Rolle, unterliegen, doch das Genus wird immer Feminimum bleiben.
>
> Auch das bezweifle ich.  Das korrekte Geschlecht für Filter ist Neutrum,
> aber Maskulin wird immer häufiger verwendet.  Nach meinem Eindruck
> beginnt sich da auch ein Bedeutungsunterschied herauszubilden:  In der
> Umgangssprache Maskulin (der Kraftstofffilter, der Polfilter für die
> Kamera, der Kaffeefilter), in einzelnen Fachsprachen (Chemie, Optik,
> Elektrotechnik) Neutrum

filtrum, i, n. gibts erst im Mittellatein. Das läuft für meine Behauptung 
außer Konkurrenz (Mittellatein ist kein Latein, s. Laurentius Valla & Co.)
>
> > Also kann man bei Firewall streiten, ob Neutrum oder Maskulinum zu
> > wählen ist (Neutrum könnte man mit Kollektivum für HW und SW-Firewalls
> > rechtfertigen), bei einem Femininum muss man aber schon zu Umwegen wie
> > murus/moenia -> Mauer greifen - das ist aber eben der Punkt: moenia
> > ist wieder kollektiv, deshalb Neutrum Plural, wer Mauer als etwas
> > konkretes bezeichnen will, der hat einen Grund, hier das Genus zu
> > missachten. Bei Wall ist die Abstammung aber so direkt gegeben, dass
> > man am Maskulinum IMHO nicht vorbeikommt.
>
> Sprichst du denn "Faierwal"?  Ich spreche "Faierwål", und da ist gar
> nichts "direkt gegeben", weil "the wall" kein grammatisches Geschlecht
> hat.
Wie gesagt: stell dir URL ausgesprochen vor - "die" Uniform Ressource 
Locator - da sträubt man sich doch, oder?
Gruß, Gebhard



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-05 Diskussionsfäden frank paulsen
Frank Küster <[EMAIL PROTECTED]> writes:

> Auch das bezweifle ich.  Das korrekte Geschlecht für Filter ist Neutrum,
> aber Maskulin wird immer häufiger verwendet. 

genau anderer ansicht:
http://www.dwds.de/?woerterbuch=1&qu=filter&last_corpus=DWDS 
Duden, 19. Auflage.

>  Nach meinem Eindruck
> beginnt sich da auch ein Bedeutungsunterschied herauszubilden:  In der
> Umgangssprache Maskulin (der Kraftstofffilter, der Polfilter für die
> Kamera, der Kaffeefilter), in einzelnen Fachsprachen (Chemie, Optik,
> Elektrotechnik) Neutrum

als Chemiker ist mir 'das' filter komplett unbekannt, egal ob es sich
um rundfilter, faltenfilter, stoffilter, mebranfilter, taschenfilter,
hoch- oder niederdruckfilter handelt.



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-05 Diskussionsfäden Frank Küster
Gebhard Dettmar <[EMAIL PROTECTED]> wrote:

>> > Es gibt immer wieder Gegensätze zwischen
>> > denen gibt, die kreativ mit der Sprache umgehen und sorgsam wie den
>> > größten Schatz pflegen und Anderen. Dabei ziehen Schriftsteller und
>> > Dichter wie Karl Kraus in der Regel den Kürzeren.
>>
> Das hat in dieser Frage aber nichts zu sagen. Ob wissenschaftlich, 
> umgangssprchlich oder dichterisch - bei Wortübernahmen aus toten Sprachen 
> wird das Genus des Ursprungs immer beibehalten. Nehmen wir als Beispiel 
> die Summe von lat. summa, ae, f - kein Mensch käme im Traum auf die Idee, 
> hier das Genus zu ändern. 

Einspruch.  das Trottoir, das Portemonnaie (oder wie immer man das jetzt
schreibt), das Kommunique (?), und ich bin fast sicher, dass es bei
Fremd- und Lehnworten aus dem Französischen sogar Fälle gibt, wo
maskulin und feminin vertauscht sind.  Und bei Übernahmen aus dem
Englischen muss man ein grammatisches Geschlecht "erfinden".  Welches
Geschlecht hat denn "the firewall"?

Ach ja, die Nase, le nez, la nariz. 

> Das Wort selbst kann also 
> Erweiterungen/Umdeutungen, sei es auf dichterischen, wissenschaftlichen 
> oder umgangssprachlichen Wegen, das spielt hier keine Rolle, unterliegen, 
> doch das Genus wird immer Feminimum bleiben.

Auch das bezweifle ich.  Das korrekte Geschlecht für Filter ist Neutrum,
aber Maskulin wird immer häufiger verwendet.  Nach meinem Eindruck
beginnt sich da auch ein Bedeutungsunterschied herauszubilden:  In der
Umgangssprache Maskulin (der Kraftstofffilter, der Polfilter für die
Kamera, der Kaffeefilter), in einzelnen Fachsprachen (Chemie, Optik,
Elektrotechnik) Neutrum

> Also kann man bei Firewall streiten, ob Neutrum oder Maskulinum zu wählen 
> ist (Neutrum könnte man mit Kollektivum für HW und SW-Firewalls 
> rechtfertigen), bei einem Femininum muss man aber schon zu Umwegen wie 
> murus/moenia -> Mauer greifen - das ist aber eben der Punkt: moenia ist 
> wieder kollektiv, deshalb Neutrum Plural, wer Mauer als etwas konkretes 
> bezeichnen will, der hat einen Grund, hier das Genus zu missachten. Bei 
> Wall ist die Abstammung aber so direkt gegeben, dass man am Maskulinum 
> IMHO nicht vorbeikommt. 

Sprichst du denn "Faierwal"?  Ich spreche "Faierwål", und da ist gar
nichts "direkt gegeben", weil "the wall" kein grammatisches Geschlecht
hat. 

Gruß, Frank

-- 
Frank Küster
Single Molecule Spectroscopy, Protein Folding @ Inst. f. Biochemie, Univ. Zürich
Debian Developer (teTeX)



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-05 Diskussionsfäden Frank Evers
Am Mittwoch, 5. April 2006 11:21 schrieb Gebhard Dettmar:
> On Tuesday 04 April 2006 16:23, Frank Evers wrote:


> > lateinischen Ursprung, nämlich vallum, -i (neutrum !!). Gemeint
> > war damit zunächst eine aus senkrecht in den Boden geschlagenen
> > Pfählen (lat. vallus, -i, m), also einer Pallisade, errichtete
> > Verteidigungsanlage. 
>
> Das ist doch keine unterschiedliche Wortbedeutung - vallum ist ein
> Kollektivum für vallus, i.e. Schutzwehr. Ein vallus ist ein
> Schutzwall, der konkret aus Pallisaden besteht, ein Schutzwall kann
> aber auch aus Erde und div. anderem bestehen -->  daher das Neutrum
> von vallum, da Neutrum ja immer für Kollektivismen verwendet wird.
> Die Semantik bleibt in beiden Fällen aber gleich.

Du hast denke ich unrecht. Vallus ist in erster Linie ein (einzelner) 
Pfahl, auch wenn das Wort metaphorisch in der Bedeutung von 
Pfahlreihe verwendet wurde (dann aber in der Mehrzahl iirc). Vallum 
dagegen bezeichnet die Palisadenbestandene Schutzwehr, die 
ursprünglich (und auch später nicht zwingend) Graben und Wall 
beinhaltete. Wall und wall leiten sich nicht von unterschiedlichen 
Bedeutungen des Wortes vallum ab, wohl aber in unterschiedlicher 
Weise wie zuvor beschrieben.

> > > Es gibt immer wieder Gegensätze zwischen
> > > denen gibt, die kreativ mit der Sprache umgehen und sorgsam wie
> > > den größten Schatz pflegen und Anderen. Dabei ziehen
> > > Schriftsteller und Dichter wie Karl Kraus in der Regel den
> > > Kürzeren.

das war nicht von mir ;)

> Das hat in dieser Frage aber nichts zu sagen. Ob wissenschaftlich,
> umgangssprchlich oder dichterisch - bei Wortübernahmen aus toten
> Sprachen wird das Genus des Ursprungs immer beibehalten. Nehmen wir
> als Beispiel die Summe von lat. summa, ae, f - kein Mensch käme im
> Traum auf die Idee, hier das Genus zu ändern. 

Für Wall gilt dies offenbar nicht, der ist abgeleitet von vallum, -i,n 
nicht von vallus,-i, m   ;)


> Also kann man bei Firewall streiten, ob Neutrum oder Maskulinum zu
> wählen ist (Neutrum könnte man mit Kollektivum für HW und
> SW-Firewalls rechtfertigen),

Firewall ist nicht aus dem toten Lateinischen, sondern aus dem sehr 
lebendigen Englischen abgeleitet (so man es denn wie die 
Duden-Redaktion als deutsches (Lehn-)Wort betrachtet). Das Geschlecht 
(nämlich neutrum) wurde offenbar nicht übernommen, denn wir 
unterhalten uns ja über der oder die Firewall. Gerhard möchte dazu 
den Feuerwall anstrengen, und muss dazu bis zu einer gemeinsamen 
Herkunft einer Wortkomponente ausholen, ich dagegen nehme mir einfach 
ein englisches Wörterbuch und finde dort als direkte, sinngemäße und 
wörtliche (fire = der Brand, wall = die Mauer) Übersetzung die 
Brandmauer.
Meinewegen kann Gerhard auf Etruskische verweisen oder die Geister von 
Goethe, Schiller und Kleist persönlich herzitieren. Wall und wall als 
Bedeutungsgleich hinstellen zu wollen ist Blödsinn.

> Bei Wall ist die
> Abstammung aber so direkt gegeben, dass man am Maskulinum IMHO
> nicht vorbeikommt. Dass das ein Kampf gegen Windmühlen ist, sehe
> ich im Großen und Ganzen auch so, deswegen ist es aber nicht
> falsch.

Wie gesagt, Wall leitet sich ab von vallum, nicht von vallus. Auch ist 
Wall ein aus dem Lateinischen entlehntes deutsches Wort, nicht ein 
lateinisches Fremdwort wie Genus.

> > s.o. Der gemeinsame Ursprung erklärt in diesem Fall geradezu
> > warum engl.wall nicht mit dem deutschen Wall zu übersetzen ist.
>
> Das glaube ich nicht. IMHO sind vallum und vallus semantisch nicht
> verschieden, das Neutrum erklärt sich, s.o. aus der
> Kollektivierung. Gruß gebhard

Dann sind wir da unterschiedlicher Auffassung ;)

-- 
Gruß Frank



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-05 Diskussionsfäden Matthias Houdek
Hallo Gebhard Dettmar, hallo auch an alle anderen

Mittwoch, 5. April 2006 11:21 - Gebhard Dettmar wrote:
> On Tuesday 04 April 2006 16:23, Frank Evers wrote:
> > [der|die|das Firewall]
> > s.o. Der gemeinsame Ursprung erklärt in diesem Fall geradezu warum
> > engl.wall nicht mit dem deutschen Wall zu übersetzen ist.
>
> Das glaube ich nicht. IMHO sind vallum und vallus semantisch nicht
> verschieden, das Neutrum erklärt sich, s.o. aus der Kollektivierung.
> Gruß gebhard

Firewall ist aber nicht aus dem Lateinischen übernommen (dann wäre das  
Neutrum sicher nachvollziehbar), sondern aus dem Englischen.

Nun verwendet der Engländer zwar für alles, dem kein konkretes 
Geschlecht zugeordnet werden (sogar für den Menschen an sich), das 
Neutrum. 
Wenn es aber entsprechende Übersetzungen im Deutschen gibt, so halte ich 
es durchaus für sinnvoll und richtig, wenn der in der deutschen 
Fachsprache verwendete englische Begriff das Geschlecht der wörtlichen 
deutschen Übersetzung des bestimmenden Wortteils erhält (der RAM 
(memory -> Speicher) oder das RAM (memory -> Gedächtnis); die CPU 
(unit -> Einheit); die CD (disk -> Scheibe); das Keyboard (board -> 
Brett, auch wenn es _die_ Tastatur heißt); die Firewall (wall -> Wand, 
Mauer, wall -> Wall ist hier unzulässig, da inhaltlich flachs); ...)

Wollte man für alle letzlich aus dem Lateinischen entlehnten Worte den 
Genus des lateinischen Ursprungswortes fordern, müsste man die deutsche 
Sprache neu schreiben.

-- 
Gruß
MaxX

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Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-05 Diskussionsfäden Gebhard Dettmar
On Tuesday 04 April 2006 16:23, Frank Evers wrote:
> Auch als PM wie vom Vorautor gewünscht
>
> Am Dienstag, 4. April 2006 13:50 schrieb Gerhard Wolfstieg:
> > Einspruch, nein! Zwei Sachen vorweg, bevor ich mich hier nicht mehr
> > dazu äußere (höchsten noch als PM): wall und Wall haben den gleich
> > Ursprung im Lateinischen. Ein endgültiges Urteil akzteptiere ich
> > von einem Schriftsteller und Dichter, nicht von einem
> > Wissenschaftler und wissenschaftlichen Erzeugnissen.
>
> Sprache wird _nicht_ von Schriftstellern und Dichtern kreiert¹,
> sondern bestenfalls in exponierter Weise beeinflusst. Vielmehr ist
> Sprachentwicklung ein stetig fortschreitender Prozess in dem sich die
> gesellschaftliche Entwicklung wiederspiegelt. Bedeutungsverengung
> oder -Erweiterung oder sogar Begriffsumwidmung sind in diesem
> Zusammenhang normale Prozesse die die Sprachdiversifizierung
> überhaupt erst ermöglichen. Die Betrachtung von Wortstämmen ist hier
> zwar Entwicklungsgeschichtlich interessant, die Gleichsetzung von
> Worten gleichen Ursprungs ist jedoch völlig falsch, da die o.g.
> Mechanismen (die durch Dichtung manchmal mehr forciert als gebremst
> werden) zu einer Änderung der Wortbedeutung in verschiedene
> Richtungen führen können.
>
Hmm. Ich glaube nicht, dass es hier um direkte Änderungen geht, sondern im 
Gegenteil um Übernahmen, die eben nicht oder kaum verändert wurden

> Besonders interessant ist übrigends das von dir angeführte Beispiel
> Wall/wall. Beide haben in der Tat den gleichen lateinischen Ursprung,
> nämlich vallum, -i (neutrum !!). Gemeint war damit zunächst eine aus
> senkrecht in den Boden geschlagenen Pfählen (lat. vallus, -i, m),
> also einer Pallisade, errichtete Verteidigungsanlage. Später wurden
> solche Anlagen dadurch verstärkt, dass die Pallisade auf einem
> Erdwall errichtet wurde.
> Während die Entwicklung des deutschen Wortes "Wall" sich auf den
> Erdwall bezog, leitet sich das englische "wall" von der Pallisade ab,
> was die unterschiedliche Verwendung und Wortbedeutung trotz des
> gleichen Ursprungs erklärt.
>
Das ist doch keine unterschiedliche Wortbedeutung - vallum ist ein 
Kollektivum für vallus, i.e. Schutzwehr. Ein vallus ist ein Schutzwall, 
der konkret aus Pallisaden besteht, ein Schutzwall kann aber auch aus Erde 
und div. anderem bestehen -->  daher das Neutrum von vallum, da Neutrum ja 
immer für Kollektivismen verwendet wird. Die Semantik bleibt in beiden 
Fällen aber gleich. 

> > Es gibt immer wieder Gegensätze zwischen
> > denen gibt, die kreativ mit der Sprache umgehen und sorgsam wie den
> > größten Schatz pflegen und Anderen. Dabei ziehen Schriftsteller und
> > Dichter wie Karl Kraus in der Regel den Kürzeren.
>
Das hat in dieser Frage aber nichts zu sagen. Ob wissenschaftlich, 
umgangssprchlich oder dichterisch - bei Wortübernahmen aus toten Sprachen 
wird das Genus des Ursprungs immer beibehalten. Nehmen wir als Beispiel 
die Summe von lat. summa, ae, f - kein Mensch käme im Traum auf die Idee, 
hier das Genus zu ändern. Das Wort selbst kann also 
Erweiterungen/Umdeutungen, sei es auf dichterischen, wissenschaftlichen 
oder umgangssprachlichen Wegen, das spielt hier keine Rolle, unterliegen, 
doch das Genus wird immer Feminimum bleiben.
Also kann man bei Firewall streiten, ob Neutrum oder Maskulinum zu wählen 
ist (Neutrum könnte man mit Kollektivum für HW und SW-Firewalls 
rechtfertigen), bei einem Femininum muss man aber schon zu Umwegen wie 
murus/moenia -> Mauer greifen - das ist aber eben der Punkt: moenia ist 
wieder kollektiv, deshalb Neutrum Plural, wer Mauer als etwas konkretes 
bezeichnen will, der hat einen Grund, hier das Genus zu missachten. Bei 
Wall ist die Abstammung aber so direkt gegeben, dass man am Maskulinum 
IMHO nicht vorbeikommt. Dass das ein Kampf gegen Windmühlen ist, sehe ich 
im Großen und Ganzen auch so, deswegen ist es aber nicht falsch.

> Wenn mit sorgsamer Pflege der Versuch der Konservierung oder gar
> Rückentwicklung gemeint ist steht der Sprachfreund in der Tat auf
> verlorenem Posten. Meine Kinder haben im Verlauf des Sprechenlernens
> einige neue Worte kreiert, die wir in unserer Familie nach wie vor
> verwenden. In den Integrationsbrennpunkten entstehen durch die
> Vermischung von Sprachen neue Sprachelemente. Dies sind Beispiele für
> die unaufhaltsame Sprachentwicklung - man kann sie begrüßen oder
> ablehnen, aber unterbinden kann man sie nicht.

Klar, so geht das, seit es Sprache, oder sagen wir, die babylonische 
Sprachverwirrung ;-) gibt. Deswegen meinen ja auch manche Mediaevisten 
oder sogar Altphilologen, dass die Kirchenväter (Augustinus: "besser, die 
Grammatiker tadeln uns, als dass die Leute uns nicht verstehen"; Gregor 
der Große hat eine dezidierte Antigrammatik verfasst) und die Kleriker im 
Mittelalter das Fundament für ein Fortleben des Lateinischen gelegt haben, 
dem die Renaissance, also z.B. Laurentius Valla in seinem Nachweis, dass 
die Konstantinische Schenkung eine Fälschung ist, mit ihrer Fixi

Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-04 Diskussionsfäden Frank Küster
Frank Evers <[EMAIL PROTECTED]> wrote:

> Wie auch immer hat sich sehr 
> weitgehend der Begriff "die Firewall" für die Verwendung im deutschen 
> durchgesetzt und letztlich entscheidet der Volksmund was in einer 
> Sprache richtig oder falsch ist, auch wenns im Einzelfall dauert. 
> Sprache wird von denen gemacht die sie sprechen, nicht von denen die 
> sie deuten.

ACK.  Wobei "der Volksmund" nicht im ganzen deutschen Sprachraum der
gleiche sein muss.  In Deutschland wird ganz überwiegend "die E-Mail"
gelesen, und bis ich in die Schweiz gezogen bin, habe ich die
gelegentlichen sächlichen E-Mails als Fehler von Newbies aufgefasst.
Hier aber liest und schreibt man ganz gewöhnlich "ein E-Mail" oder "ein
SMS".  

Gruß, Frank
-- 
Frank Küster
Single Molecule Spectroscopy, Protein Folding @ Inst. f. Biochemie, Univ. Zürich
Debian Developer (teTeX)



Re: [OT] Sprachentwicklung

2006-04-04 Diskussionsfäden Frank Evers
Auch als PM wie vom Vorautor gewünscht

Am Dienstag, 4. April 2006 13:50 schrieb Gerhard Wolfstieg:

> Einspruch, nein! Zwei Sachen vorweg, bevor ich mich hier nicht mehr
> dazu äußere (höchsten noch als PM): wall und Wall haben den gleich
> Ursprung im Lateinischen. Ein endgültiges Urteil akzteptiere ich
> von einem Schriftsteller und Dichter, nicht von einem
> Wissenschaftler und wissenschaftlichen Erzeugnissen.

Sprache wird _nicht_ von Schriftstellern und Dichtern kreiert¹, 
sondern bestenfalls in exponierter Weise beeinflusst. Vielmehr ist 
Sprachentwicklung ein stetig fortschreitender Prozess in dem sich die 
gesellschaftliche Entwicklung wiederspiegelt. Bedeutungsverengung 
oder -Erweiterung oder sogar Begriffsumwidmung sind in diesem 
Zusammenhang normale Prozesse die die Sprachdiversifizierung  
überhaupt erst ermöglichen. Die Betrachtung von Wortstämmen ist hier 
zwar Entwicklungsgeschichtlich interessant, die Gleichsetzung von 
Worten gleichen Ursprungs ist jedoch völlig falsch, da die o.g. 
Mechanismen (die durch Dichtung manchmal mehr forciert als gebremst 
werden) zu einer Änderung der Wortbedeutung in verschiedene 
Richtungen führen können.

Besonders interessant ist übrigends das von dir angeführte Beispiel 
Wall/wall. Beide haben in der Tat den gleichen lateinischen Ursprung, 
nämlich vallum, -i (neutrum !!). Gemeint war damit zunächst eine aus 
senkrecht in den Boden geschlagenen Pfählen (lat. vallus, -i, m), 
also einer Pallisade, errichtete Verteidigungsanlage. Später wurden 
solche Anlagen dadurch verstärkt, dass die Pallisade auf einem 
Erdwall errichtet wurde.
Während die Entwicklung des deutschen Wortes "Wall" sich auf den 
Erdwall bezog, leitet sich das englische "wall" von der Pallisade ab, 
was die unterschiedliche Verwendung und Wortbedeutung trotz des 
gleichen Ursprungs erklärt.

> Es gibt immer wieder Gegensätze zwischen
> denen gibt, die kreativ mit der Sprache umgehen und sorgsam wie den
> größten Schatz pflegen und Anderen. Dabei ziehen Schriftsteller und
> Dichter wie Karl Kraus in der Regel den Kürzeren.

Wenn mit sorgsamer Pflege der Versuch der Konservierung oder gar 
Rückentwicklung gemeint ist steht der Sprachfreund in der Tat auf 
verlorenem Posten. Meine Kinder haben im Verlauf des Sprechenlernens 
einige neue Worte kreiert, die wir in unserer Familie nach wie vor 
verwenden. In den Integrationsbrennpunkten entstehen durch die 
Vermischung von Sprachen neue Sprachelemente. Dies sind Beispiele für 
die unaufhaltsame Sprachentwicklung - man kann sie begrüßen oder 
ablehnen, aber unterbinden kann man sie nicht. 
Selbstverständlich hast du Recht, dass bei der Rechtschreibreform eine 
äußere Logik der inneren Logik der Sprache vorgezogen wurde - dies 
wurde ja auch unlängst von den Machern dieser Reform eingestanden - 
ich verstehe jedoch nicht warum du dich wenn du ersteres kritisierst 
anschließend auf eine wissenschaftliche und entwicklungsgeschichtiche 
Position zurückziehst anstatt die Sprache der Gegenwart in ihrer 
inneren Logik (und dazu gehört auch die Gebenheit von 
Wortbedeutungen) zu aktzeptieren.

> So führt mich die innere
> Logik über den gemeinsamen Ursprung zur direktesten semantisch
> korrekten Übersetzung, die Feuerwall lautet. 

s.o. Der gemeinsame Ursprung erklärt in diesem Fall geradezu warum 
engl.wall nicht mit dem deutschen Wall zu übersetzen ist.

> Die Unkenntnis des 
> Wortes Feuerwall scheint die Ursache für den falschen Gebrauch der
> Mehrheit -- und wiederholend:  der Begriff wurde auch als "der
> Firewall" in die Fachsprache eingeführt (meines Wissens durch
> Microsoft); erst danach war eine Geschlechtsumwandlung zu
> beobachten.

Nein! Der Begriff wurde als "the firewall" in die Fachsprache 
eingeführt, und (ohne das belegen zu können) bestimmt nicht von 
Microsoft, die sich sehr lange überhaupt keine Gedanken über 
Internetsicherheit gemacht haben. Wie auch immer hat sich sehr 
weitgehend der Begriff "die Firewall" für die Verwendung im deutschen 
durchgesetzt und letztlich entscheidet der Volksmund was in einer 
Sprache richtig oder falsch ist, auch wenns im Einzelfall dauert. 
Sprache wird von denen gemacht die sie sprechen, nicht von denen die 
sie deuten.

¹ mit Ausnahme von Kunstsprachen natürlich; J.R.R. Tolkien, der 
Schriftsteller, Dichter und Wissenschaftler zugleich war, hat gleich 
einige erschaffen, dabei jedoch z.T. Elemente vorhandener Sprachen 
verwendet.
-- 
Gruß Frank