Hallo, Thomas Schäfer wrote: > wird sich das Projekt in spätestens zwei Jahren völlig verzettelt haben.
[...] > ist weder für Kartenmaterial noch für Routing zu gebrauchen. [...] > wird OSM kollabieren. [...] > sehenden Auges in einen Abgrund [...] Thomas, Du redest wie jemand, der gerade neu auf das Projekt gestossen ist. Du bringst genau die Sprueche, die ich mir auf Messestaenden von Interessenten mit ergrautem Haar oft anhoeren muss. Aber ich habe gelernt, geduldig zu sein und so lange das gleiche zu erzaehlen, bis die Leute es entweder verstehen oder weggehen und sich denken: "Das wird doch nie was" (oder engl. "It's never going to work!"). Der erstaunliche Erfolg von OSM gruendet sich nicht zuletzt darauf, dass seine Erfinder - oder die "Projektleader", wenn Du so willst - eben gerade die Art von Weitsicht vermissen liessen, die Du hier einforderst. Du forderst den Fuenfjahresplan, Du willst, dass ein paar Superschlaue sich ueberlegen, wo der Weg hingehen soll, und die Arbeiter-Ameisen dann in die richtige Richtung schicken, damit der Plan aufgeht. Ob Du es jetzt so weit gesponnen hast oder nicht, Dein Ansatz geht in die Richtung von Quoten und deren Erfuellung, von Erfolgsvorgaben, von Projektmanagement. Man kann aber Leute, die ihre Freizeit in das Projekt stecken, nicht managen, und man hat vor allem auch gar kein Recht, irgendwelche Ziele vorzugeben. Ebenfalls bei Dir gelesen, das alte "was haben wir von Details im Gebiet X, wenn das Gebiet Y nur die Hauptstrasse hat". Was ist denn das fuer eine anmassende Frage? Die Leute im Gebiet X haben ganz bestimmt was davon. Sicher bist Du nicht der Ansicht, dass wir hier jetzt alle die Haende in den Schoss legen sollen, bis Brasilien ebenso gut gemappt ist wie Deutschland. Aber das geht doch auch im kleinen - wieso sollen die Leute in Berlin nicht Hausnummern erfassen, obwohl in Potsdam noch Strassen fehlen? Und wenn sich jemand nunmal fuer Stromleitungen interessiert, mit welcher Berechtigung kann ich den zwingen, stattdessen Landstrassen zu mappen? Und wenn jemand sich nunmal als Pionier fuehlt und lieber neues eintraegt, statt bestehendes zu pflegen, soll ich den deswegen wegschicken, oder gar Regeln aufstellen, die fordern, nur das zu erfassen, was man auch selber aktuell halten kann? Ich sehe ueberhaupt nicht, wieso irgendwas kollabieren sollte, bloss weil wir einem Gullideckel-Fan in Dortmund erlauben, jeden Gullideckel mit Jahr der Herstellung zu erfassen. Mag ja sein, dass die Anzahl Mannstunden, die er investiert, in Puerto Rico mehr erreicht haetten, aber die Wahl haben wir nicht. Wir kriegen von dem entweder Gullideckel oder nichts. Und wenn Du mich fragst, es werden mit OSM noch viel zu wenig coole Sachen gemacht. Wenn einer Gullideckel mappt und der naechste ein Routing fuer die Kanalisation aufsetzt und sich sowas in den Blogs rumspricht, dann ist die Botschaft: Mit OSM gehen Dinge, die niemand anders bieten kann. Das ist tausendmal bessere PR als eine Diplomarbeit, in der jemand 100.000 verschiedene PKW-Routen auf Google- und OSM-Material verglichen und ausgewertet hat, denn so etwas bringt die Essenz von unserem Projekt viel besser rueber. Klar wird sowas wieder Anlass zu hoehnischen Bemerkungen geben: "Nehmen Sie OSM, wenn sie im Kanal navigieren wollen, und fuer die Strasse lieber was gescheites" - aber die Leute, die so drauf sind, sollen sich in Gottes Namen ein Tomtom kaufen und bei MapShare mitmachen. *Das* sind dann die Leute ohne Weitsicht. > Der Diskussion nach Grenzen kannst Du nicht verschließen, in dem Du forderst > für alles offen zu sein. > OSM braucht auch ein Profil! Ich habe schon auch eine Vorstellung davon, was in OSM hinenigehoert und was nicht, und zwar hauptsaechlich bezueglich der Vergaenglichkeit. Meine Faustregel ist: Wenn ich etwas in OSM finde, was vor zwei Jahren eingetragen wurde, dann will ich wenigstens einen Grund zu der Annahme haben, dass das noch gueltig ist (denn wenn es nicht mehr gueltig waere, waere es jemand aufgefallen und repariert worden). Ich will keine Garantien, keine Mechanismen, bloss eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Insofern wuerde ich z.B. jeden einzelnen Baum einer Allee durchaus noch gut finden, aber sowas wie eine einzelne seltene Distel irgendwo eher nicht. Ausser natuerlich, die Distel waere eine lokale Attraktion, dann waere ja wieder davon auszugehen, dass ihr Fehlen bemerkt wuerde und die Information dadurch eine Chance auf Korrektheit hat. Bye Frederik _______________________________________________ Talk-de mailing list Talk-de@openstreetmap.org http://lists.openstreetmap.org/listinfo/talk-de