Hallo,
Auf der französischen Newsgroup laufen gerade zwei Threads, welche durch
deutsche "Urlaubs-Mapper" ausgelöst wurden. In einem Fall hat sich ein Mapper
über die miserable Qualität der Gebäudedaten und Landuses beschwert. Im anderen
Fall hat ein deutscher Mapper in der Normandie ein Dorf komplett, einschließlich
der Gebäude, erfasst. Offenbar beruhen die Daten auf einer eingehenden Erkundung
vor Ort, ergänzt durch Informationen aus Bing. Die Gebäudeformen sind recht
unpräzise, kaum mit rechten Winkeln, aber Bing gibt auch nicht mehr her. Man
zollt dem großen Aufwand der hier getrieben wurde zwar Respekt, ist aber etwas
irritiert, da ja in Frankreich die Katasterpläne zum Mappen in OSM verwendet
werden dürfen, und diese natürlich ein weitaus höhere Präzision liefern.
Da ich weiss, dass eine ganze Reihe von deutschsprachigen OSM-Contributoren
anlässlich von Auslandsreisen im jeweiligen Land mappen, und weil es auf der
französischen Liste angeregt wurde, möchte ich hier auf die Besonderheiten in
Frankreich und die sich daraus ergebenden Empfehlungen eingehen.
Wie gesagt, sind in F die Katasterpläne zur Verwendung freigegeben[1]. Diese
Pläne liegen zum großen Teil vektorisiert, teilweise, wie im aktuellen Fall,
aber auch noch als Rastergrafik. Die Pläne sind auf dem französischen
Regierungsportal[2] verfügbar.
Es gibt eine Reihe von Tools, welchen die Übernahme der Daten aus dem Kataster
unterstützen. Mit einem Josm-Plugin[3] können die Pläne hinterlegt werden. Dabei
werden Vektorpläne automatisch positioniert, Rasterpläne müssen manuell
ausgerichtet werden. Letzteres ist recht knifflig, da die Pläne meist keine
Referenzpunkte mit Koordinaten enthalten. Viele nicht vektorisierte Gemeinden
sind daher überhaupt nicht erfasst.
Straßen und Wege in geschlossenen Ortschaften werden fast ausschließlich durch
Abzeichnen mittels des Josm-Plugins erfasst, auch bei vektorisierten Gemeinden.
Gebäude, Gewässer und Gemeindegrenzen vektorisierter Gemeinden werden
(halb)-automatisch importiert. Aus den Vektorplänen werden OSM-Dateien erzeugt,
die man dann in Josm lädt, nachbearbeitet und hochlädt. Leider wird das
Nachbearbeiten gerne "vergessen", was sich unter anderem dadurch äußert, dass
sich Gebäude, Wasserwege und Strassen untereinander und gegenseitig überlappen.
Für den ausländischen Mapper, der sich nicht selbst mit dem Kataster-Import
befassen will, ergeben sich aus dieser Situation folgende Ratschläge:
- Großer Bedarf besteht für alles, was fehlt, aber nicht durch den
Kataster-Import abgedeckt wird: Strassen und Wege ausserhalb von geschlossenen
Ortschaften, Einbahnregelungen, Radwege, Zufahrtsbeschränkungen, POIs,
Wegbeschaffenheit.
- Es ist nicht sinnvoll, Gebäude in größeren Mengen von Bing abzuzeichnen. Das
schadet zwar nicht, aber mit großer Wahrscheinlichkeit werden die Gebäude über
kurz oder lang durch automatisch generierte oder abgezeichnete Kataster-Daten
ersetzt.
- Es ist durchaus sinnvoll, fehlende Straßen im Urlaubsort anhand von Bing oder
GPS-Tracks zu erfassen. Das macht dem Mapper, der später mal vom Kataster
abzeichnet und ergänzt, die Arbeit einfacher. Straßennamen können bei Bedarf auf
[2] ermittelt werden.
- Wo die importierten Daten offensichtlich von der vor Ort festgestellten
Realität abweichen, sollte dies natürlich erfasst werden.
- Wer auf die oben angesprochenen typischen Fehler eines Kataster-Imports stößt,
kann diese natürlich gerne korrigieren. Er sollte sich dadurch aber auf keinen
Fall davon abhalten lassen, seine eigenen Beiträge zu erfassen. Die Gebäude
werden von den Franzosen ohnehin nach und nach bereinigt. Sinnvoll ist auch ein
Eintrag in OpenStreetBug oder ein FIXME-Tag.
- Wo ein automatische Import aus dem vektoriserten Kataster durchgeführt wurde,
stößt man meist auf eigenartige Gewässer-Objekte, auch kleinste Bäche als
Wasserflächen, gestückelt in isolierte Objekte, überlappt mit Wegen und
Gebäuden. Meine Empfehlung ist, diese Objekte zu belassen wie sie sind,
abgesehen von eindeutigen, durch Vor-Ort-Erkundung verifizierten Abweichungen.
- Landuse ist in F überwiegend durch automatischen CORINE-Import erzeugt und
weicht daher oft erheblich von der Realität ab. Solche Abweichungen sollten
korrigiert werden.
- Hilfreich zur Vermeidung von Irritation sind Angaben zur Quelle der Daten, an
den Objekten oder im Changeset. Hinter einem nicht ortsansässige Mapper wirdn
oftmals ein Sessel-Mapper vermutet, und bei Daten, die nicht aus Bing ableitbar
sind, kommt daher schnell der Verdacht, dass bei Google abgekupfert wurde (so
auch im zweiten angesprochenen Fall). Mit einer Quellangabe lässt sich unnötiger
Stress vermeiden.
Grüße
Rainer
[1] http://wiki.openstreetmap.org/wiki/Cadastre_Fran%C3%A7ais/Legal
[2] http://www.cadastre.gouv.fr
[3] http://wiki.openstreetmap.org/wiki/FR:JOSM/Fr:Plugin/Cadastre
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