Hallo,

Ich halte es für förderlich, wenn im OSM Projekt ein stabiler Satz von
Werkzeugen etabliert wird, die fest sozusagen "offiziell" zum OSM
Projekt gehören und auf die man dann auch verweisen kann.

Ja. Solche Dienste stellen allerdings eine hohe Belastung fuer das Projekt dar, denn sie muessen dann ja auch am Laufen gehalten werden. Hat man erstmal allen Leuten erzaehlt, dass man z.B. ein XAPI betreibt, dann erwarten die Leute auch, dass das tut.

Dem einen oder anderen mag das verblueffend erscheinen, aber solche Rechner warten sich auch nicht von allein. Mittlerweile hat OSM ja schon einen gehoerigen Park zusammen, und ich kriege das manchmal mit, wenn mal wieder abends ein Netzteil ausfaellt oder ein Rechner vom UCL zum IC gefahren werden muss oder umgekehrt. Hardware muss gekauft, Prognosen muessen gemacht werden, Logfiles ueberwacht, Beschwerden muss nachgegangen werden und so weiter.

Deswegen werden solche Dienste, von denen das Projekt verspricht, dass sie laufen, ganz bewusst auf eine moeglichst kleine Liste beschraenkt. Dazu gehoert ganz oben natuerlich Lese- und Schreibzugriff fuer Editoren, und gleich danach die Planet-Dumps und Diffs. Dann kommen Webseite, Mailinglisten, Wiki, Forum, help.openstreetmap.org - die sind wichtig, aber zugleich ist es da auch nicht schlimm, wenn sie mal ne Stunde nicht tun, daher machen die weniger Stress. Dann kommt der Tileserver; das ist schon ein Punkt, an dem es einige Stimmen gibt, die sagen, dass man den Tileserver langfristig abschaffen sollte und mittelfristig bereits seine Nutzung strenger einschraenken (d.h. zum Beispiel keine kostenlosen Kacheln mehr fuer iPhone-Applikationen, deren Autoren damit Geld verdienen).

Alles weitere - zum Beispiel OWL, oder Routing, oder Nominatim, oder diverse Analyseprogramme oder OpenStreetBugs, der OSM-Inspector, keepright, Relation Analyzer, Dupenode-Map, Garminkarten, taegliche regionale Extrakte - sind nicht Teil von dem "stabilen Satz von Werkzeugen", und das aus einem guten Grund - es waere naemlich zu viel Arbeit, fuer diese Stabilitaet zu garantieren.

Selbst bei den Kern-Services gehen die Meinungen ueber Stabilitaet auseinander. Wir sind ein Projekt von Hobbyisten, und wenn die API irgendwann von 0.6 auf 0.7 umgestellt wird, dann wird sie ein paar Tage nicht erreichbar sein. Ebenso kann es bei Umzuegen oder Wartungsarbeiten auch mal sein, dass der Tileserver einen Tag nicht geht.

Es ist richtig, dass einige Leute "erwarten", dass sowas nicht passiert, aber da muss man dann gegensteuern und die Erwartungen korrigieren; es kann nicht angehen, dass man an unser freiwilliges und unbezahltes Admin-Team in London Anforderungen stellt, als ob man mit denen einen Wartungsvertrag abgeschlossen haette.

Zu diesen Werkzeugen würe ich natürlich in erster Linie einen Standard
Renderer von Karten für das Web, einen Editor, eine Karte für GPS
Geräte, aber auch solche Sachen wie den RA und weitere nützliche Tools
zählen.

Es ist wuenschenswert, dass es solche Dinge gibt, und dass wir ein Oekosystem haben, in dem Leute sowas bauen koennen, aber Kern-Dienste des Projekts koennen das nicht werden, oder wir muessen gleich mehrere Programmierer und Admins bezahlen. Und das wiederum wuerde das Anspruchsdenken nur noch erhoehen ("wir bezahlen diese Leute, die sollen das gefaelligst mal ordentlich machen").

Ich bin heilfroh, dass es nicht "die offizielle Garminkarte" gibt, und bei den Tile-Layern geht die Entwicklung zum Glueck auch weg von "Mapnik-Standardkarte fuer alle". Sowas erstickt doch jede Innovation.

Mir ist durchaus bekannt, daß es keine optimale "eine für alles Lösung"
geben kann und daß es möglicherweise sogar mehrere Lösungen geben muß -
doch dann sollten diese Lösungen auch einem bestimmten Satz von
Qualitätskriterien genügen, der verläßlich auch durch diese Alternativen
eingehalten wird.

Beim Tile-Layer fuer die Startseite hat die OSMF ein paar Qualitaetskriterien festgelegt und praktisch gesagt: Jeder, der einen Layer baut, der diese Kriterien erfuellt, kann prinzipiell seinen Layer auf der Startseite anbieten lassen. - Hosten und Rendern muss er natuerlich selbst.

In meinen Augen ist eine solche Formalisierung bei einem Projekt dieser
Größe und Bedeutung (beides nimmt ja nach wie vor zu) dringend
notwendig, um eine effektive Organisationsstruktur zu schaffen, die
letztlich Entwicklern und Nutzern zu Gute kommt, Neulingen den Einstieg
erleichtert und Kritikern die Argumente schwer werden läßt.

Wir haben das mit dem FOSSGIS-Devserver ja probiert; es gibt da gute und schlecht Erfahrungen. Der Plan war dort auch, dass man Leuten die Ressourcen gibt, um ihre Sachen zu entwickeln und laufen zu lassen, und dass durch gegenseitige Offenheit auch eine Zusammenarbeit entsteht. Leider hat sich gezeigt, dass es fuer viele eben doch reizvoller ist, was eigenes zu machen, als bei einem bestehenden Projekt mitzuarbeiten. Diese Neuerfindung des Rads ist durchaus nicht immer schlecht und kann dazu fuehren, dass radikale neue Ideen sich durchsetzen - wenn man die Leute zwingt, alle am gleichen Seil zu ziehen, dann laufen einem die wirklichen Genies vielleicht auch davon ;-)

Mit auch deshalb ist der Devserver staendig mit der Kapazitaet am Anschlag.

Grundsaetzlich koennte ich mir vorstellen, dass diese Devserver-Idee etwas verbessert wird und mit mehr Hardware unterfuettert, die eventuell auch bei Sponsoren betrieben werden kann wie im Fall des von Strato gesponsorten FOSSGIS-Devservers. Die Eigeniniative von Leuten muss gefoerdert werden - die OSMF mit immer neuen Forderungen nach verlaesslichem Infrastrukturbetrieb zuzuballern, das fuehrt nur zu einem unbeweglichen, innovationsfeindlichen Verwaltungsapparat.

Wenn wir etwas nicht selbst auf die Beine stellen koennen, besteht kein berechtigter Grund zu der Annahme, dass es dann erfolgversprechend ist, zu verlangen, "irgendjemand" ("das Projekt", "die OSMF") solle das machen. Wir sind das Projekt. Entweder machen wir das oder keiner.

Es gibt immer mal wieder Sponsor-Angebote, die im Sande verlaufen, weil sich niemand drum kuemmert oder weil halt irgendein kleiner Server mit 8 GB in einem Rechenzentrum in Russland niemanden interessiert. Ein erster Anfang koennte sein, dass sich jemand mal den Hut aufsetzt, dass er diese Sponsor-Angebote registriert und auf der anderen Seite Anfragen von Leuten entgegennimmt, die gern einen Service anbieten wuerden. Eventuell kann daraus auch eine groessere "Plattform" werden, eventuell kann auch einer sagen "ich bin bereit, einen Server zu administrieren, auf dem jemand anders einen OSM-Dienst installiert" oder so. Damit koennte man die weit verbreitete Eigenbroetlerei vielleicht ein bisschen aufbrechen und den Leuten mit guten Ideen ueber die Anfangshuerden hinweghelfen.

Aber mehr als eine Katalysator-Funktion ist m.E. zentral nicht drin. Wer "verlaessliche" Angebote braucht, der kann die nicht bei einem Hobbyprojekt suchen.

Bye
Frederik

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