Re: Welche Vorteile bietet Freie Software im Bildungsbereich?

2017-09-01 Diskussionsfäden Dr. Michael Stehmann


Am 31.08.2017 um 15:56 schrieb WoRomey:

> 
> Da hat sich was  geändert. Früher (wenn der Senator erzählt) waren Ziel der 
> Allgemeinbildenden Schule Bildung und Mündigkeit und nicht 
> Berufsvorbereitung. 

Da würde ich Dir widersprechen wollen.

"Leben" war historisch viel stärker "Berufsleben" als heute. Schulen
heißen nur deshalb "allgemeinbildend", weil diese Schulen nicht auf
einen speziellen Beruf vorbereiten (wie die "Berufsschulen"), sondern
die Kompetenzen vermitteln sollen, die in allen Berufen (der jeweiligen
"Stufe") tunlich sind. "Lernen" wurde noch nie als zweckfreier
Erkenntnisgewinn staatlich gefördert.

"Alternative" Schulen erhalten staatliche Förderung nicht, weil die
Kinder dort "glücklicher" sind, sondern nur dann, wenn sie bessere
"Ergebnisse" erzielen. Demgemäß werden Methoden, die dort entwickelt
worden sind, nur sehr selektiv in das staatliche Schulsystem übernommen.

Ein schönes Beispiel ist der Zweck der Einführung der allgemeinen
Schulpflicht in Preussen. Da ging es nicht um "Mündigkeit" (vor allem
nicht gegenüber "Thron und Altar"), sondern darum, die männlichen Kinder
aus Fabriken und Bergwerken fernzuhalten, weil dies die
Tauglichkeitsquote erheblich minderte. Hinsichtlich der Mädchen spielte
dann eher die Geburtenquote eine Rolle, die eben auch "strategische
Bedeutung" hatte.

Und "Mündigkeit" kann eben unschwer auch als Berufstauglichkeit
verstanden werden, denn vor allem der, der nicht in der Lage ist, einem
Erwerb nachzugehen, ist auf staatliche oder soziale Hilfe und
Unterstützung existentiell angewiesen.

Lehrer wollen auch nicht unbedingt mündige Schüler, denn die sind
anstrengender.

"Erziehung zur Mündigkeit" ist ein ziemlich altruistisches Ziel (aus
Sicht der Erziehenden), wobei man die dazugehörige geistige Verfassung
leider nicht (mehr) allgemein voraussetzen kann.

 Im Übrigen: Vertiefte Bildung und Mündigkeit sind auch die
> beste Vorbereitung auf die Berufstätigkeit.
> 
Diese Erkenntnis hat wohl aber noch nicht alle Arbeitgeber erreicht.

> 
> Es geht ja nicht nur um Freiheit. Es geht, wie Du ja auch weißt, auch um 
> Soziale Gerechtigkeit (Hallo Herr Schulz) und Gleichartigkeit der 
> Lebensverhältnisse, die man nur mit Freier Software fördern kann. Schule muß 
> daran aktiv arbeiten.
> 
Wer will denn schon soziale Gerechtigkeit?

Die herrschenden Kreise doch sicherlich nicht, denn dann müssten sie
teilen. Eltern auch nicht, denn sie wollen "nur das Beste" für _ihr_
Kind und da ist der "Mit-"Schüler nur ein Konkurrent.

"Soziale Gerechtigkeit" fordern nur die Marginalisierten, und die werden
nur beachtet, wenn sie entweder stören oder man ihre Unzufriedenheit
instrumentalisieren kann und will. Solidarität in einer
Leistungsgesellschaft, wo gesellschaftlich akzeptiert "fördern und
fordern" in einem Atemzug genannt werden, ist eine ziemlich romantische
Erwartung.

Aktivisten Freier Software sind sicherlich auch, jede(r) in einem
gewissen Maße, romantische Altruisten.

Konfrontiert mit einem Wirtschafts- und Gesellschaftsystem, das sich
auch in seinen "Bildungseinrichtungen" aktualisiert und welches eben
anders geartet ist, führt dies zu enormen Stress.

Wenn jetzt kein Widerspruch kommt ...

Gruß
Michael




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Re: Welche Vorteile bietet Freie Software im Bildungsbereich?

2017-08-31 Diskussionsfäden WoRomey
Hallo,

danke für den Beitrag.

Am Donnerstag, 31. August 2017, 00:51:03 CEST schrieb dg:
> > - Es gibt einige Nutzer Freier Software, die keinerlei Interesse daran
> > haben, aktiv dazu beizutragen, daß Freie Software mehr verwendet wird.
> 
> Es gibt eben Advocaten und Hedonisten :) - Welche die andere Überzeugen
> wollen, und welche die einfach nur ihr Ding machen wollen...
> 

Das soll auch so sein und hat für mich nur seine Grenze, wo Vertreter Freier 
Software andere vor den Kopf stoßen.

> Ich denke da an GCompris, das nur teilweise übersetzt ist, und wo manche
> Lernspiele hakelig sind, oder nicht gut erklärt. Da kann man schon ohne
> zu Programmieren ansetzen und die Sprachausgabe lokalisieren (zB Deutsch
> einsprechen) und Programm-Texte erweitern, übersetzen oder verbessern.
> Das hat sicher einen Aha-Effekt wenn man seine Stimme dann im Programm
> wieder findet, und dabei lernt man die Arbeitsweise von Freie Software
> Projekten kennen, und Dinge wie Tonarbeiten.
> 
GCompris entwickelt sich ja kräftig weiter, seit es unter dem KDE-Dach 
gelandet ist. In einem GSOC-Projekt entstehen gerade Aufgaben zur 
Elektrotechnik, wo viel zu tun wäre: Eindeutschen, Anpassung der Schaltzeichen 
an die Deutsche Norm, ...
Da wäre es gut, wenn es Leute gäbe, die andere an die Hand nehmen könnten, um 
den Einstieg zu erleichtern. Ich kann das nicht, an die Hand genommen könnte 
ich mich wohl aber einfinden.

> 3. Die freie (kostenlose) Verfügbarkeit hochwertiger Software ist im
> Bildungsbereich sicher auch wichtig, da die Mittel immer knapp sind um
> Lizenzen zu kaufen, und Familien das Geld auch nicht immer leicht locker
> machen können. Sich die Funktionsweise der Programme zu erarbeiten und
> die Dokumentation zu ergänzen und einfache HowTos zu schreiben wäre hier
> sicher auch ein toller Ansatzpunkt.
> 
> Aber das Einarbeiten von Doku, Übersetzung etc. braucht manchmal auch
> schon ganz schön viel Know-How wie ein (das konkrete) Software Projekt
> funktioniert, das überfordert nicht nur Lehrer :/
> 
Leider ist es ja so, daß nur sehr wenige Lehrer Arbeit in etwas rein stecken 
wollen, die für andere wertvoll sein kann. Deshalb kommen die OER auch kaum 
vom Fleck.

Wolfgang

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Wolfgang Romey

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Re: Welche Vorteile bietet Freie Software im Bildungsbereich?

2017-08-31 Diskussionsfäden WoRomey
Hallo,

Am Donnerstag, 31. August 2017, 13:07:05 CEST schrieb Dr. Michael Stehmann:

> 
> 2. Die Eltern können aus dem Grundsatz, dass nicht für die Schule,
> sondern sondern für das Leben gelernt werden soll, unschwer ableiten,
> das tunlicherweise die Software des "Marktführers" im Unterricht
> Verwendung finden sollte. Dies gilt für allgemeinbildende Schulen ebenso
> wie für Berufs- und sogar Hochschulen, wobei bei letzteren (rechtlich
> gesehen) die Studierenden an die Stelle ihrer Eltern treten.
> 
> Ziel schulischer Bildung ist aus der Sicht der Eltern und Lernenden eine
> möglichst gute Berufsvorbereitung. Dies gilt gerade auch für die
> Schulung im Umgang mit der IT.

Da hat sich was  geändert. Früher (wenn der Senator erzählt) waren Ziel der 
Allgemeinbildenden Schule Bildung und Mündigkeit und nicht Berufsvorbereitung. 
Das war Aufgabe der Berufsbildenden Schule und der ausbildenden Wirtschaft. 
Die zieht sich aber lieber aus der Berufsbildung zurück, beklagt den 
Fachkräftemangel  und versucht das auf die Allgemeinbildende Schule 
abzuschieben. - Im Übrigen: Vertiefte Bildung und Mündigkeit sind auch die 
beste Vorbereitung auf die Berufstätigkeit.

> 4. Eine Freiheit zu der man die Adressaten mühsam überreden muss,
> erscheint als ein Widerspruch in sich.
> 
> in solch einem Fall hat das Motto "Wer nicht will, der hat schon"
> Lebensweisheit für sich. Warum soll man jemanden mit großem Engagement
> und Großem Aufwand befreien wollen, der dies gar nicht will.
> 

Es geht ja nicht nur um Freiheit. Es geht, wie Du ja auch weißt, auch um 
Soziale Gerechtigkeit (Hallo Herr Schulz) und Gleichartigkeit der 
Lebensverhältnisse, die man nur mit Freier Software fördern kann. Schule muß 
daran aktiv arbeiten.

> 
> Nur ein paar Gedanken ... . Heftigster Widerspruch erwünscht.
> 
Gerne. Nur stimme ich Dir leider in fast Allem zu. Da muß ich mir den 
Widerspruch für das nächste Mal aufheben. :-)

Wolfgang

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Re: Welche Vorteile bietet Freie Software im Bildungsbereich?

2017-08-31 Diskussionsfäden WoRomey
Merkwürdig. Jetzt sind doch eine Reihe interessanter Beiträge gekommen. Die 
Ausgangsfrage war wohl nicht gut gestellt. Zu der sind ja auch keine Antworten 
gekommen.

Wolfgang


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Re: Welche Vorteile bietet Freie Software im Bildungsbereich?

2017-08-31 Diskussionsfäden Benjamin Hagemann
Hallo Bernd,

Danke für deine Ausführungen.
Meine erste Gedanke war, ob man sowas nicht mal in eine offenen Brief
fassen könnte

Zweite Gedanke: Solche Berichte auf einer Plattform sammeln - öffentlich.
Somit kann man Transparenz herstellen und Leute zusammen bringen.

Gibt es da schon etwas oder bei welcher Organisation könnte man sowas
sinnvoll aufbauen?

-- 
Grüße, Benny
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Re: Welche Vorteile bietet Freie Software im Bildungsbereich?

2017-08-31 Diskussionsfäden Bernd Wurst
Hallo.

Am 31.08.2017 um 00:51 schrieb dg:
> 2. Zunächst werden Programme von ihrem Nutzen bewertet. Da sind leider
> manchmal Freie Software Produkte noch hinter den teuren Konkurrenten
> (jetzt mal abgesehen von Pfadabhängigkeiten und dem Nicht-Kennen von
> guten Alternativen).

Ich sehe aus unserem Alltag hier ein paar Punkte, die einem Einsatz von
freier Software entgegen stehen, die aber mit "dem Bildungsbereich" im
engeren Sinne gar nichts zu tun haben. Hier würde ich mir
gesamtpolitisch ein Bewusstsein und eine Verwaltungsvorschrift wünschen,
die freie Software nicht benachteiligt.

Dass in der Schule keine freie Software zu finden ist, liegt nämlich
zumindest bei uns daran, dass die propretäre Software indirekt "von
oben" vorgeschrieben ist und man in der Regel nicht zwei Dinge betreuen
möchte.

Beispiele:

1. Wer (in Baden-Württemberg) ein Abitur korrigiert, muss seine
Punktzahlen in eine vorgegebene Excel-Tabelle eintragen. Ein
Dokumenten-Makro erzeugt dann daraus die vorgeschriebenen Druckvorlagen
für die Mantelbögen und Notenblätter. Das Makro ist nicht portabel und
wird vom RP jährlich neu bereitgestellt.
Die Schule sowie jeder betroffene Lehrer muss also Excel bereit halten.

2. OpenOffice wurde vor einiger Zeit kommentarlos von den Schulrechnern
entfernt, weil die Rechner jetzt über irgend eine zentrale
Management-Software verwaltet werden und es da wohl nicht vorgesehen
ist, mehrere Office-Programme zu haben.
Da die Schulrechner zusätzlich von der Volkshochschule für
Microsoft-Produktschulungen verwendet werden, musste OpenOffice weichen.
Dass wir in dem davor liegenden Schuljahr viele Personenstunden privat
in die Entwicklung von OpenOffice-basiertem Informatikunterricht
investiert haben, wurde überrascht zur Kenntnis genommen aber dann
ignoriert.

3. Unsere Schule betreibt einen Mail-Server auf Basis von Exchange. Der
lief bisher unbeachtet nebenher, jetzt soll aber alle dienstliche
Kommunikation (Vertretungspläne werden nach Schultags-Ende gegen 17 Uhr
versendet) zwingend darüber laufen. Der Server ist von außen nur über
OWA/ActiveSync erreichbar. Der ehrenamtliche Admin hat mit POP3 und/oder
IMAP keine Erfahrung und "man braucht das nicht, alle mir bekannten
Programme können Exchange direkt". Weiterleitungen sollen in der Theorie
funktionieren, in der Praxis tun sie aber nicht.
Für E-Mails via OWA gibt es meines Wissens keine freie Software, vom
Browser und Webmail mal abgesehen.

So lange es für eine öffentliche Einrichtung möglich ist, ihren Beamten
und Angestellten vorzuschreiben, dass sie privat proprietäre Software
einsetzen müssen und alles andere unbedeutend sei, wird der Status von
proprietärer Software als "alternativlos" in allen beteiligten Köpfen
manifestiert. Dieses Gebahren kann sich ein Großkonzern leisten, aber
die öffentliche Hand müsste hier mehr Gewissen zeigen.

Hier wird sich nur etwas ändern, wenn es eine Verwaltungs-Richtlinie
gibt, die im gesamten öffentlichen Sektor ohne Ausnahme vorschreibt,
Dokumentenformate zu verwenden, die mit freier Software zu lesen sind.


Gruß,
Bernd



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Re: Welche Vorteile bietet Freie Software im Bildungsbereich?

2017-08-31 Diskussionsfäden Dr. Michael Stehmann


Am 30.08.2017 um 18:26 schrieb WoRomey:

> 
> Offensichtlich hat dies E-Mail (fast) keine Diskussion ausgelöst, ich erwarte 
> keine Reaktion mehr.
> Was könnten die Gründe für das Ausbleiben von Beiträgen sein?
> 

Mal ein paar "unfrisierte" Anmerkungen zum Thema.

1. Die Erfahrungen, die Freie-Software-Aktivisten im Bildungsbereich
machen mussten, sind leider oft eher negativ gewesen.

Eine lokale Gruppe half einem engagierten Lehrer bei der Migration auf
Freie Software mit durchaus positiven Ergebnis. Dann wurde nach einiger
Zeit dieser engagierte Lehrer versetzt. Daraufhin dauerte es nicht
lange, bis eine "Rückmigration" erfolgte.

Dabei ist auch der "Müncheneffekt" zu beachten, eine einzelne
Rückmigration hat stärkere Auswirkungen auf das Bild in der
Öffentlichkeit als zehn erfolgreiche Migrationen.

D.h. die Nutzung Freier Software hing vom Vorhandensein eines
engagierten Lehrers, mit dessen langfristigem Verbleib jedoch nicht
gerechnet werden durfte.

Einzelne Fälle, in denen es anders lief, waren "Glücksfälle".

2. Die Eltern können aus dem Grundsatz, dass nicht für die Schule,
sondern sondern für das Leben gelernt werden soll, unschwer ableiten,
das tunlicherweise die Software des "Marktführers" im Unterricht
Verwendung finden sollte. Dies gilt für allgemeinbildende Schulen ebenso
wie für Berufs- und sogar Hochschulen, wobei bei letzteren (rechtlich
gesehen) die Studierenden an die Stelle ihrer Eltern treten.

Ziel schulischer Bildung ist aus der Sicht der Eltern und Lernenden eine
möglichst gute Berufsvorbereitung. Dies gilt gerade auch für die
Schulung im Umgang mit der IT.

Dem entgegen zu treten erfordert immer wieder nahezu endlose, sich immer
wiederholende Diskussionen, wobei die Eltern und Lernenden bei dieser
Definition des Bildungszieles auch durchaus Rückhalt in der Lehrerschaft
finden.

3. Das Auftreten von "Sponsoren" zieht in der Regel die Nutzung
proprietärer Software nach sich.

Auch hier wird das Auftreten der "Sponsoren" seitens der Eltern- und
Schüler- und Lehrerschaft in der Regel unkritisch bis positiv gesehen.

Auch von den IT-Abteilungen der Schulträger ist insoweit in der Regel
keine Unterstützung zu erwarten.

4. Eine Freiheit zu der man die Adressaten mühsam überreden muss,
erscheint als ein Widerspruch in sich.

in solch einem Fall hat das Motto "Wer nicht will, der hat schon"
Lebensweisheit für sich. Warum soll man jemanden mit großem Engagement
und Großem Aufwand befreien wollen, der dies gar nicht will.

5. Hinzu kommt noch, dass der Kampf um jede einzelne Bildungseinrichtung
immer wieder neu geführt werden muss, was den Einsatz erheblicher
Ressourcen erfordert. Da stellt sich schon die Frage, ob dies angesichts
der genannten Umstände effizient ist, sofern diese Ressourcen
tatsächlich zur Verfügung ständen.

6. Der einzige Lichtblick in dieser Situation sind einzelne positive
Beispiele. Ob diese aber hinreichend vernetzt sind, um Leuchtturmwirkung
zu entfalten, erscheint zweifelhaft.

Nur ein paar Gedanken ... . Heftigster Widerspruch erwünscht.

Gruß
Michael



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Re: Welche Vorteile bietet Freie Software im Bildungsbereich?

2017-08-31 Diskussionsfäden Fabian Keil
WoRomey  wrote:

> Univention hat kürzlich eine aus meiner Sicht sehr sinnvolles Konzept zur 
> Digitalisierung der Bildung vorgestellt:
> 
> https://www.univention.de/2017/08/univention-stellt-konzept-zur-digitalisierung-der-bildung-vor/
> 
> Das Konzept bezieht sich allerdings auf die Infrastruktur. Eine 
> "Digitalisierung der Bildung" gibt es nicht, es geht vielmehr um Lernen mit 
> digitalen Werkzeugen.

Das "Strategie-Papier" gibt es nur im Tausch gegen personenbezogene
Daten, ich habe es mir daher nicht im Detail angeschaut.

Die Zusammenfassung überzeugt mich jedenfalls nicht. Mein Eindruck
ist, dass die "digitalen Bildungsangebote" proprietär bleiben sollen,
dies nicht kritisiert wird und diverse Privatunternehmen auch Nutzerdaten
und Bewegungsprofile erhalten sollen. Als Schüler kann man sich dagegen
vermutlich nur mir sehr viel Aufwand wehren.

> Dennoch lohnt diese Initiative vielleicht die erneute Diskussion darüber, 
> warum der Einsatz Freier Software im Bildungsbereich sinnvoll oder sogar 
> notwendig ist. Es wäre schön, wenn nicht die bekannten, richtigen Argumente 
> wiederholt würden, sondern am Besten an Beispielen gezeigt würde, welchen 
> konkreten Mehrwert der Einsatz Freier Software gegenüber unfreier Software 
> bringt.  
> Daß z.B. der Quellcode zugänglich ist und studiert werden kann, ist bekannt 
> und wichtig, bringt aber für den Unterricht in beispielsweise der 6. Klasse 
> erst mal Nichts. Oder doch?

Auf der letzten Debconf gab es zwei (englische) Vorträge mit Bezug zum
Bildungsbereich:

https://debconf17.debconf.org/talks/76/
http://meetings-archive.debian.net/pub/debian-meetings/2017/debconf17/lq/ltspmanager-how-1000-greek-schools-switc.vp8.webm

https://debconf17.debconf.org/talks/169/
http://meetings-archive.debian.net/pub/debian-meetings/2017/debconf17/lq/supporting-debian-edu-skolelinux-as-a-pr.vp8.webm

Dort wurden eher die praktischen Vorteile für die Schulen hervorgehoben.
Ich fand beide Vorträge interessant, habe mir aber keine Notizen gemacht.

Im zweiten Vortrag wurde in etwa gesagt, Schulen in Deutschland könnten
selbst entscheiden welche Software sie einsetzen würden.

Mein Eindruck ist, dass diese auf dem Papier vielleicht tatsächlich
existieren Freiheit bei den Schulen hier in Köln kaum ankommt,
Abweichungen von der proprietären "Standard"-Software bei diversen
Stellen gerechtfertigt werden müssten und nur eingeschränkt subventioniert
werden würden.

Fabian


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Re: Welche Vorteile bietet Freie Software im Bildungsbereich?

2017-08-31 Diskussionsfäden WD Zimmermann
Am 31.08.2017 um 00:51 schrieb dg:
>> - Es gibt einige Nutzer Freier Software, die keinerlei Interesse daran 
>> haben, aktiv dazu beizutragen, daß Freie Software mehr verwendet wird.
> 
> Es gibt eben Advocaten und Hedonisten :) - Welche die andere Überzeugen
> wollen, und welche die einfach nur ihr Ding machen wollen...

Fände es schön, wenn es eine Eigenschaft von Advocaten sein würde,
andere überzeugen zu wollen. Auch Hedonisten, die auf mehr aus sind als
eigenen Lustgewinn wären schön.

Ansonsten: Guter Punkt.

Frage: Haben wir im FSFE ausreichend Personen, die aktiv aus der Rolle,
nur "ihr Ding zu machen" heraus kommen?
So könnte Wolfgangs Statement ja auch verstanden werden.


> 2-3 Dinge, die sicher nicht neu sind, aber gut:
> 
> 1. Der nicht-Vendor-Lockin sollte für alle Behörden und Einrichtungen
> ein Argument für Freie Software sein, und das Potential das frei wird,
> wenn die Lizenzkosten für proprietäre Software nicht einfach eingespart
> werden, sondern investiert in Schulungen, Support und benötigte
> Funktionen der freien Software!

Guter Punkt.
Aber wer erklärt das den für die Anschaffung Verantwortlichen
Verwaltungsbeamten und - noch wichtiger - den zuständigen Haushalt- und
Bildungspolitikern?

> 
> 2. Zunächst werden Programme von ihrem Nutzen bewertet. Da sind leider
> manchmal Freie Software Produkte noch hinter den teuren Konkurrenten
> (jetzt mal abgesehen von Pfadabhängigkeiten und dem Nicht-Kennen von
> guten Alternativen). Das könnte man aber denke ich als potential sehen
> und bspw. Schülern beibringen wie man das ändert.

Da Bildung seit 2006 ausschließlich Ländersache ist und die eigentlich
zuständige KMK seitdem die Hände mehr oder weniger in den Schoß legt,
müsste man überlegen, wie das in den Bildungsbereich kommen soll.


> Ich denke da an GCompris, das nur teilweise übersetzt ist, und wo manche
> Lernspiele hakelig sind, oder nicht gut erklärt. Da kann man schon ohne
> zu Programmieren ansetzen und die Sprachausgabe lokalisieren (zB Deutsch
> einsprechen) und Programm-Texte erweitern, übersetzen oder verbessern.
> Das hat sicher einen Aha-Effekt wenn man seine Stimme dann im Programm
> wieder findet, und dabei lernt man die Arbeitsweise von Freie Software
> Projekten kennen, und Dinge wie Tonarbeiten.

Gcompris wird - wenn es verwendet wird - meist nur im Grundschulbereich
eingesetzt.
Die Bedeutung von aktivem und gestaltendem Umgang mit IT hat dort - wenn
überhaupt - eher nur und wenn überhaupt eine Zukunft vor sich - um es
mal so zu formulieren.

> 
> 3. Die freie (kostenlose) Verfügbarkeit hochwertiger Software ist im
> Bildungsbereich sicher auch wichtig, da die Mittel immer knapp sind um
> Lizenzen zu kaufen, und Familien das Geld auch nicht immer leicht locker
> machen können. Sich die Funktionsweise der Programme zu erarbeiten und
> die Dokumentation zu ergänzen und einfache HowTos zu schreiben wäre hier
> sicher auch ein toller Ansatzpunkt.
> 
> Aber das Einarbeiten von Doku, Übersetzung etc. braucht manchmal auch
> schon ganz schön viel Know-How wie ein (das konkrete) Software Projekt
> funktioniert, das überfordert nicht nur Lehrer :/

Und da Lehrerinnen und Lehrer auch was von Aufwand und Erfolg verstehen,
sehe ich ohne begleitende Unterstützung und vor allem den politischen
Willen dazu eher schwarz.

>> - Vielleicht ist die Frage aber auch falsch gestellt gewesen und es gibt 
>> über 
>> die (sehr wichtigen) vier Freiheiten hinaus keinen spezifischen 
>> pädagogischen 
>> Vorteil Freier Software. Das Problem dabei ist, daß in der schulischen 
>> Praxis 
>> die vier Freiheiten kaum wahrnehmbar sind. Das Kopieren von proprietärer 
>> Software wird häufig unter der Hand gelöst und höchstens im Fach Informatik 
>> ist 
>> die Verfügbarkeit des Quellcodes von gewisser Bedeutung.

Und, um den Punkt noch weiter zu treiben: Es gibt auch wenig an
Beiträgen, die den spezifischen (pädagogischen und didaktischen)
Mehrwert Freier Software im Bildungsbereich deutlich machen würden.

-- 
Freundliche Grüße  | Diese Nachricht wurde mit
Wolf-Dieter Zimmermann | Freier Software gesendet
E: wd.zimmerm...@posteo.de | U: netzwerk-bildung.net
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Re: Welche Vorteile bietet Freie Software im Bildungsbereich?

2017-08-30 Diskussionsfäden dg
> - Es gibt einige Nutzer Freier Software, die keinerlei Interesse daran 
> haben, aktiv dazu beizutragen, daß Freie Software mehr verwendet wird.

Es gibt eben Advocaten und Hedonisten :) - Welche die andere Überzeugen
wollen, und welche die einfach nur ihr Ding machen wollen...

> Dennoch lohnt diese Initiative vielleicht die erneute Diskussion darüber, 
> warum der Einsatz Freier Software im Bildungsbereich sinnvoll oder sogar 
> notwendig ist.

2-3 Dinge, die sicher nicht neu sind, aber gut:

1. Der nicht-Vendor-Lockin sollte für alle Behörden und Einrichtungen
ein Argument für Freie Software sein, und das Potential das frei wird,
wenn die Lizenzkosten für proprietäre Software nicht einfach eingespart
werden, sondern investiert in Schulungen, Support und benötigte
Funktionen der freien Software!

2. Zunächst werden Programme von ihrem Nutzen bewertet. Da sind leider
manchmal Freie Software Produkte noch hinter den teuren Konkurrenten
(jetzt mal abgesehen von Pfadabhängigkeiten und dem Nicht-Kennen von
guten Alternativen). Das könnte man aber denke ich als potential sehen
und bspw. Schülern beibringen wie man das ändert.
Ich denke da an GCompris, das nur teilweise übersetzt ist, und wo manche
Lernspiele hakelig sind, oder nicht gut erklärt. Da kann man schon ohne
zu Programmieren ansetzen und die Sprachausgabe lokalisieren (zB Deutsch
einsprechen) und Programm-Texte erweitern, übersetzen oder verbessern.
Das hat sicher einen Aha-Effekt wenn man seine Stimme dann im Programm
wieder findet, und dabei lernt man die Arbeitsweise von Freie Software
Projekten kennen, und Dinge wie Tonarbeiten.

3. Die freie (kostenlose) Verfügbarkeit hochwertiger Software ist im
Bildungsbereich sicher auch wichtig, da die Mittel immer knapp sind um
Lizenzen zu kaufen, und Familien das Geld auch nicht immer leicht locker
machen können. Sich die Funktionsweise der Programme zu erarbeiten und
die Dokumentation zu ergänzen und einfache HowTos zu schreiben wäre hier
sicher auch ein toller Ansatzpunkt.

Aber das Einarbeiten von Doku, Übersetzung etc. braucht manchmal auch
schon ganz schön viel Know-How wie ein (das konkrete) Software Projekt
funktioniert, das überfordert nicht nur Lehrer :/


Grüße,

Daniel Guagnin


> Offensichtlich hat dies E-Mail (fast) keine Diskussion ausgelöst, ich erwarte 
> keine Reaktion mehr.
> Was könnten die Gründe für das Ausbleiben von Beiträgen sein?
> 
> - Vermutlich gibt es auf dieser Liste zu wenig Personen mit pädagogischem 
> Hintergrund, die etwas beitragen 

könnten. Auch die EDU-Liste ist ja faktisch
> tot.
> 
> - Es gibt einige Nutzer Freier Software, die keinerlei Interesse daran haben, 
> aktiv dazu beizutragen, daß Freie Software mehr verwendet wird. Erst kürzlich 
> ist mir berichtet worden, wie ein Nutzer Freier Software Leute vor den Kopf 
> gestoßen hat, statt zu versuchen sie zu überzeugen und bei Umstieg zu 
> unterstützen. Da wurden Türen zugeschlagen.
> 
> - Vielleicht ist die Frage aber auch falsch gestellt gewesen und es gibt über 
> die (sehr wichtigen) vier Freiheiten hinaus keinen spezifischen pädagogischen 
> Vorteil Freier Software. Das Problem dabei ist, daß in der schulischen Praxis 
> die vier Freiheiten kaum wahrnehmbar sind. Das Kopieren von proprietärer 
> Software wird häufig unter der Hand gelöst und höchstens im Fach Informatik 
> ist 
> die Verfügbarkeit des Quellcodes von gewisser Bedeutung.
> 
> Wolfgang
> 
> 
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Re: Welche Vorteile bietet Freie Software im Bildungsbereich?

2017-08-30 Diskussionsfäden WoRomey
Am Dienstag, 15. August 2017, 16:58:56 CEST schrieb WoRomey:
> Hallo,
> 
> Univention hat kürzlich eine aus meiner Sicht sehr sinnvolles Konzept zur
> Digitalisierung der Bildung vorgestellt:
> 
> https://www.univention.de/2017/08/univention-stellt-konzept-zur-digitalisier
> ung-der-bildung-vor/
> 
> Das Konzept bezieht sich allerdings auf die Infrastruktur. Eine
> "Digitalisierung der Bildung" gibt es nicht, es geht vielmehr um Lernen mit
> digitalen Werkzeugen.
> 
> Dennoch lohnt diese Initiative vielleicht die erneute Diskussion darüber,
> warum der Einsatz Freier Software im Bildungsbereich sinnvoll oder sogar
> notwendig ist. Es wäre schön, wenn nicht die bekannten, richtigen Argumente
> wiederholt würden, sondern am Besten an Beispielen gezeigt würde, welchen
> konkreten Mehrwert der Einsatz Freier Software gegenüber unfreier Software
> bringt.
> Daß z.B. der Quellcode zugänglich ist und studiert werden kann, ist bekannt
> und wichtig, bringt aber für den Unterricht in beispielsweise der 6. Klasse
> erst mal Nichts. Oder doch?
> 
> Schön wäre es, wenn sich unter den Lesern dieser Liste Leute fänden, die in
> Bildungsinstitutionen arbeiten, in denen Freie Software verwendet wird.
> 
> Für mich wäre es interessant zu erfahren, wie es dazu gekommen ist, welche
> Schwierigkeiten waren bei der Einführung zu überwinden, gibt es heute noch
> Schwierigkeiten, was kann mit der eingesetzten Freien Software besser oder
> anders gelernt werden.
> 
> Wolfgang

Offensichtlich hat dies E-Mail (fast) keine Diskussion ausgelöst, ich erwarte 
keine Reaktion mehr.
Was könnten die Gründe für das Ausbleiben von Beiträgen sein?

- Vermutlich gibt es auf dieser Liste zu wenig Personen mit pädagogischem 
Hintergrund, die etwas beitragen könnten. Auch die EDU-Liste ist ja faktisch 
tot.

- Es gibt einige Nutzer Freier Software, die keinerlei Interesse daran haben, 
aktiv dazu beizutragen, daß Freie Software mehr verwendet wird. Erst kürzlich 
ist mir berichtet worden, wie ein Nutzer Freier Software Leute vor den Kopf 
gestoßen hat, statt zu versuchen sie zu überzeugen und bei Umstieg zu 
unterstützen. Da wurden Türen zugeschlagen.

- Vielleicht ist die Frage aber auch falsch gestellt gewesen und es gibt über 
die (sehr wichtigen) vier Freiheiten hinaus keinen spezifischen pädagogischen 
Vorteil Freier Software. Das Problem dabei ist, daß in der schulischen Praxis 
die vier Freiheiten kaum wahrnehmbar sind. Das Kopieren von proprietärer 
Software wird häufig unter der Hand gelöst und höchstens im Fach Informatik ist 
die Verfügbarkeit des Quellcodes von gewisser Bedeutung.

Wolfgang


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Wolfgang Romey

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Re: Welche Vorteile bietet Freie Software im Bildungsbereich?

2017-08-16 Diskussionsfäden WD Zimmermann
Am 15.08.2017 um 16:58 schrieb WoRomey:
> Hallo, 
> 
> Univention hat kürzlich eine aus meiner Sicht sehr sinnvolles Konzept zur 
> Digitalisierung der Bildung vorgestellt:
> 
> https://www.univention.de/2017/08/univention-stellt-konzept-zur-digitalisierung-der-bildung-vor/
> 
> Das Konzept bezieht sich allerdings auf die Infrastruktur. Eine 
> "Digitalisierung der Bildung" gibt es nicht, es geht vielmehr um Lernen mit 
> digitalen Werkzeugen.
> 
> Dennoch lohnt diese Initiative vielleicht die erneute Diskussion darüber, 
> warum der Einsatz Freier Software im Bildungsbereich sinnvoll oder sogar 
> notwendig ist.

Was bedeutet im Kern eine medienkritische Bildung

Viele Ausbilder im Lehrerberuf unterscheiden für die Arbeit in Schule
und Ausbildung den Gegenstand von einem oder vielen möglichen
zugehörigen Themen.

An einem Beispiel erklärt: Alle Bildungspolitiker jedweder Couleur
stimmen vermutlich sofort darüber überein, dass Medien Gegenstand von
Bildung sein sollten. Aber welche *Themen* an diesem Gegenstand fest
gemacht werden sollten,  darüber herrscht nahezu grundsätzliche
Uneinigkeit.

Würde man dieser Frage nämlich nachgehen, müsste die viel diskutierte
Frage nach der Rolle von Software, auch Freier Software in den
Bildungseinrichtungen ungefähr so lauten:
Was genau ist an konkret welcher Software (im Prinzip - redet man über
Nachhaltigkeit/Obsoleszenz - auch an welcher Hardware) "bildsam oder
bildungswürdig"?
Welche Eigenschaften genau qualifizieren sie als THEMA für welches Fach,
welche Schulstufe.
Und für uns darüber hinaus interessant: Was genau ist das "plus X" FÜR
*Freie* Software?
(NB: Hier helfen allgemein politische Aussagen über die Werthaftigkeit
und mögliche Vorzüge Freier Software solange nichts, als es keine
politisch verantwortete Konzepte gibt, die für mich derzeit bei keiner
der politischen Parteien erkennbar ist.)

Wir erinnern uns: Die Organisation für "wirtschaftliche" Zusammenarbeit
(OECD) mussten den Schulen sagen, was sie tun sollten. Wir kennen diese
"Mitteilungen" als PISA-Studien.
Die Überheblichkeit wirtschaftsorientierter Vorgaben für die Schulen hat
die Industrie- und Handelskammern sicherlich erfreut, zur Themenfindung
für den Gegenstand Medien hat sie nichts beigetragen.

Versuchen wir mal ein Beispiel: Politisch und gesellschaftlich gesehen
besteht *ein* Nutzen Freier Software in seiner Quelloffenheit. Jeder,
der kann und will darf die Quellen nach Belieben studieren, daran lernen
und auch ändern. (Mal nebenbei: Stellen wir uns mal kurz vor, die
Steuersoftware zur Abgasthematik in den PKWs wäre quelloffen gewesen).

Für welches Fach, welche Stufe könnte darin ein Thema liegen. Alle
Fächer, die mit gesellschaftlichen und politischen Fragestellungen (etwa
Geschichte, Soziologie, Religion) zu tun haben, könnten davon Gewinn
ziehen. Im Fach Deutsch könnte die sprachlichen Glättungsversuche
(Beispiel Dieselabgase und ihre öffentliche Besprechung) interessant werden.

Und schon sehen wir: Nicht die Quelloffenheit ist hier das
Entscheidende, sondern die Perspektive, mit der sie im Unterricht
didaktisch aufgearbeitet wird.

Folgerung: Solange die Verfechter Freier Software nicht lernen, sich
dieser Thematik unter der Perspektive der Didaktik anzunehmen, werden
alle Forderungen - so richtig und wichtig sie auch sein mögen - an
Bildungseinrichtungen ins Leere laufen.

Hier lauert Arbeit!

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Re: Welche Vorteile bietet Freie Software im Bildungsbereich?

2017-08-15 Diskussionsfäden Dr. Michael Stehmann
Am 15.08.2017 um 16:58 schrieb WoRomey:

> Daß z.B. der Quellcode zugänglich ist und studiert werden kann, ist bekannt 
> und wichtig, bringt aber für den Unterricht in beispielsweise der 6. Klasse 
> erst mal Nichts. Oder doch?

Frag' doch 'mal die Teckids. Folgender Bericht sieht so aus, als könne
man schon vor der Klasse 6 sinnvolle Sachen mit Kindern und Freier
Software machen:

https://www.teckids.org/froglabs_2017_tuebix.htm

Die meisten Kinder, die dort Programmieren toll fanden, dürfen in etwa
zum Publikum der sechsten oder siebten Klasse gehören (~ 12 Jahre alt).
Aber es waren wohl auch jüngere dabei.

Gruß
Michael





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