Hallo, Vorab: Dieses Thema betrifft natürlich nicht nur die deutsche Community, jedoch wollte ich es erstmal hier ansprechen.
Mir ist in letzter Zeit immer wieder aufgefallen, dass es in OSM keine Möglichkeit gibt, richtige Entscheidungen zu treffen. Die Admins und Programmierer treffen natürlich Entscheidungen bezüglich der Websites, der API (wie läuft das eigentlich?) oder der Anwendungen rund um OSM. Aber inbesondere das Mapping, die Tags, also letztlich der Bereich der OSM am Laufen hält, ist kaum reglementiert. Im Moment scheint es mir eher so, dass es für alles einen eher schwammigen Konsens gibt, aber weniger klare (dokumentierte) Regeln. Was allerdings genau dieser Konsens ist und wieviele sich daran halten, ist nicht bekannt. Im Wiki ist zwar einiges dokumentiert, aber wirklich 'offiziell anerkannt' sind die Seiten dort auch nicht (nicht zuletzt weil jeder reinschreiben kann was er will). Es mappt also jeder eher nach Gefühl, wie es ihm gerade am logischsten erscheint. Bitte nicht falsch verstehen: Es ist nichts an der 'Offenheit' von OSM auszusetzen. Jeder kann sich gerne neue Tags ausdenken und anwenden oder Dinge mappen die sonst keiner mappt. Aber es kann ja irgendwie nicht sein, dass man bei Tags die sehr weit verbreitet sind, nicht genau weiß was sie bedeuten. Das Wiki-Prinzip mag ja funktionieren, aber auch dafür braucht es klare Regeln. Denn es kann niemand etwas korrigieren, von dem er nicht weiß wie man es 'richtig' macht. Wiegesagt: Es geht nicht darum nur irgendwelche 'offiziellen' Tags zuzulassen, sondern die in Benutzung befindlichen Tags so zu definieren und zu dokumentieren, dass man sie nachträglich auch eindeutig automatisiert interpretieren kann. Man kann auch nicht davon ausgehen, dass sich 'das Bessere durchsetzt'. Das funktioniert sicherlich bei unterschiedlichen Tags (also sowas wie path vs. footway/cycleway), deren Häufigkeit man wunderbar in Tagwatch ablesen kann. Aber die Bedeutung geht daraus nunmal nicht hervor. Man kann also nicht daraus ablesen, wie oft z.B. ein highway=cycleway mit der Bedeutung 'benutzungspflichtiger Radweg' und wie oft mit der Bedeutung 'irgendein Weg auf der hauptsächlich zum Radfahren benutzt wird' vorkommt. Ein weiteres Problem, das aber auch mit Entscheidungen zu tun hat, ist die Frage nach 'offiziellen' oder 'empfohlenen' Tags, also letztlich den Map Features. Auch hier gibt es Unklarheiten, wie diese ausgewählt werden oder wer letztlich zu entscheiden hat was in die Map Features kommt. Laut dem Wiki[1] dient der Proposal Prozess hauptsächlich dazu, Tags für die Map Features auszuarbeiten. Also quasi 'offizielle' (oder empfohlene) Tags. Das ist alles schön und gut, aber es gibt folgende Probleme: - Es machen zuwenig bei Abstimmungen mit um wenigstens etwas repräsentativ zu sein. - Während von einem Teil der Leute die Integration erfolgreicher Proposals in die Map Features erwartet wird (also so wie es auch im Wiki beschrieben ist), sehen andere in dem Proposal Prozess nichts anderes als eine Möglichkeit über Ideen zu diskutieren, wobei ein positives Votingergebnis nicht automatisch die Aufnahme in die Map Features bedeutet. Dabei kommt es natürlich zu Spannungen, wenn jemand der Meinung ist, es gehöre nicht zu den Map Features. - Es ist nicht klar definiert, wann ein Proposal angenommen ist (und was das bedeutet, siehe vorheriger Punkt). - Da der Proposal Prozess nicht klar definiert oder irgendwie allgemein akzeptiert ist und es niemand gibt der mal ein Machtwort spricht, können solche Streitereien wie bei smoothness schnell in einem Edit-War oder Ähnlichem enden (das bringt niemandem etwas). Mein Vorschlag: Den Proposal Prozess hauptsächlich zur Ausarbeitung und Diskussion neuer Vorschläge verwenden. Das Voting sollte dabei nur ein Stimmungsbild der Interessierten darstellen, um festzustellen ob das Proposal in der definierten Form prinzipiell ankommt. Eine erfolgreiche Abstimmung sollte die Definition des Proposals festlegen, es sollte also danach nicht mehr verändert werden. Die Aufnahme in die Map Features sollte zwar vom Voting-Ausgang abhängig sein, aber auch davon ob der Vorschlag tatsächlich in Benutzung ist. Das bedeutet eben nicht unbedingt sofort nach dem Voting, sondern erst wenn der Tag auch in der Praxis erprobt ist. Ob die Aufnahme dann wieder durch ein Voting oder ein Gremium oder sowas entschieden wird, müsste man noch überlegen. Gleichzeitig müssten Accepted Proposals auch für 'normale Mapper' leichter zugänglich sein. Also als 'gleichwertige' Tags gelten, die bloss aufgrund von geringer Verbreitung oder Wichtigkeit nicht zu den 'Haupttags' (Map Features) gehören. Beide, Map Features und Accepted Proposals sollten aber gleichermaßen eindeutig definiert sein, damit sie anständig benutzbar sind. Bleibt noch die Frage wie schon existierende Features verändert werden können. Angenommen man wollte einen Tag genauer oder etwas anders definieren (nachträglich natürlich nur im Notfall, um Unklarheiten auszuräumen). Wie soll man das machen? Auf der Diskussionsseite des Features antwortet meist fast niemand. Zudem wäre eine Diskussion da auch nicht wirklich 'offiziell'. Ein Proposal dafür erstellen? Dann müsste aber der Proposal Prozess auch richtig definiert und anerkannt sein. Und was ist wenn die Diskussion zur Ausarbeitung eines neuen Vorschlags oder auch insbesondere nachträglicher Veränderung eines Tags zu keinem Schluss kommt, weil die Leute vehement ihren jeweiligen Standpunkt vertreten? Sollte es dann nicht jemanden geben, der einfach mal entscheiden kann? Stolpersteine für die eindeutige Definition von Tags liegen häufig auch in der Internationalität des Projekts. Selbst innerhalb von Deutschland gibt es schon heftige Diskussionen über die Bedeutung von Tags, da dürfte es noch um einiges schwieriger sein, sich weltweit auf eine Lösung zu einigen. Das betrifft natürlich vor allem Dinge, die von nationalen Gesetzen oder sonstigen Umständen abhängig sind, wie z.B. Zugangsbeschränkungen. Letztlich wäre es aber wichtig überhaupt mal zu einer Entscheidung zu gelangen. Sei es mit nationalen Regeln, die notfalls dann für die weltweite Benutzung erst umgewandelt werden müssten. Wobei manche Unterschiede sicherlich nicht so gravierend sind. Man sollte aber trotzdem anhand der Daten wissen, was einem in der Realität in etwa erwartet. Bei von Natur aus eher subjektiven Dingen wie 'die Wichtigkeit von Straßen' eben mit etwas mehr Toleranz, bei Dingen die eigentlich klar definiert werden könnten wie Zugangsbeschränkungen sollte man ein Fahrrad aber schon von einem Auto unterscheiden können. Gruß, Sebastian [1] http://wiki.openstreetmap.org/wiki/Proposed_features _______________________________________________ Talk-de mailing list Talk-de@openstreetmap.org http://lists.openstreetmap.org/listinfo/talk-de