Hi,

Am 10.09.2011 15:12, schrieb Frederik Ramm:
Ich stehe place-Polygonen auch kritisch gegenueber. Traditionell ist place ein Node, und ja, wir haben oft eine Dopplung eines place mit einer zugehoerigen Admin-Boundary. In manchen Laendern ist es sogar ueblich, den Place dann in die Boundary-Relation mit aufzunehmen - so nach dem Motto "das hier ist die Stadtgrenze, und dort etwa ist die Stadtmitte"). Das ist eine etwas unschone Dopplung von Informationen (mal nur place, mal nur boundary, mal beides), aber da hab ich gerade auch keine Patentloesung fuer, die nicht die halbe Welt vor den Kopf stossen wuerde.

Die Siedlungsfläche als Relation der relevanten landuses=* zu erfassen, wäre doch keine schlechte Lösung, anstatt Basisgeometrie zu zeichnen. Die boundary Relation besteht dann aus

border ways
place node in der Rolle admin_centre
landuse relation in der Rolle settlement_centre

Die Relation der Siedlungsfläche bildet ab, welche Einzelflächen der Realität zur Siedlungsfläche gehören. Damit ist das Wissen explizit in der DB vorhanden, anstatt implizit über die Definition des Begriffs.


Ich wuerde zumindest anstreben, place-Polygone zu vermeiden. Wenn ich einen place zu einem Polygon aufblasen moechte, dann sollte ich eine geeignete Admin-Boundary-Relation dafuer finden. Das wird nicht fuer alle Places gehen (man denke an place=isolated_dwelling), aber anstreben kann man es ja.

+1 für die Zielvorstellung.


.., dann muesste es fuer diese Area ja auch eine offizielle oder wenigstens dokumentierte Begrenzung geben, und dann kann man die vielleicht auch so taggen.

Ja, gleiche denke hier.


"Landuse" wuerde ich komplett unabhaengig von administrativen Dingen sehen. Wenn da ein Gebiet mit vorrangig Wohnnutzung ist, dann ist das landuse=residential, und es spielt ueberhaupt keine Rolle, ob die Leute da wild wohnen oder ob das ein ausgewiesenes Wohngebiet ist, ob das zu einer Gemeinde gehoert oder nicht und so weiter.

D.h. Du bist für eine vom rechtlichen Sprachgebrauch vollends entkoppelte Definition von landuse=residential. Dafür bin ich im wesentlichen auch.

Aber das bedeutet, dass wir uns von Begriffen wie Wohngebiet als direkte Übersetzung für landuse=residential verabschieden müssen, denn dieser Begriff ist ein Rechtsbegriff, ebenso wie das Verständnis der "vorrangigen Wohnnutzung" an sich - das entspringt direkt dem Gesetzestext.

Die dt. Administration nutzt, wie wäre es anders zu erwarten, diese Begriffe vollständig. Baufläche, Bauflächengrenze, Baugebiet, Baugebietsname und Baugebietsgrenze sind in rechtlich belastbarer Form im Liegenschaftskataster in konkreter geografischer Ausgestaltung enthalten. Unsere eigene, auch OSMs bisherige, Definition danebenzustellen, stiftet Verwirrung oder, schlimmstenfalls, Streit.

Die Administration ist ein Teil der Realität. Als solche können wir sie in OSM abbilden. Aber nicht, indem wir bestehende Definitionen neu vereinbaren. Das hieße, die Realität zu ändern, nicht abzubilden.


Die Implikationen einer rechtsfreien Definition von landuse=*, die ich ausdrücklich aufgrund "internationaler Belange" (^.^) befürworte, hatte ich schon erwähnt:

    - landuse erfasst nur die "reale Flächennutzung"
    - die Benennung (name=*) der landuses wäre unsinnig
            (denn der Name suggerierte, dass es sich um ein admin. Gebiet
            handelt, und damit, dass die Grenzen eines benannten landuse
            administrative Grenzen wären, was wir ja per Def. nicht wollen)
    - Flächengrenze dort, wo Flächennutzung wechselt
- Def. landuse=residential -> /im deutschen/ 'Wohnbaufläche' /ohne/ Rechtsbezug

Damit ließe sich ein lückenloses "Mosaik der realen Flächennutzungen" anstreben. Einen Disput über Flächengrenzen wäre ohne weiteres auflösbar.



Der administrative Teil der Realität sollte durch die Mechanismen in OSM abgebildet werden, die bereits schon länger für das Abbilden der Administration bestehen, d.h. "von der Gemeindegrenze nach unten hin" geeignet fortsetzen:

'Wohnbaugebietsname' (*)-> als place=(neighbourhood/residential/etc. oder area - siehe mail)

    'Wohnbaugebiet'  (*)->  als border=administrative
- Wohnbaugebiete sind Ansammlungen von Bauflächen mit vorrangig Wohnbauflächen

    'Wohnbaufläche'  (*)->  als border=administrative
- Wohnbaufläche entsteht durch den Schnitt von Flurstücksgrenze mit "realer Flächennutzung"

Da wir die amtliche Flächennutzung nicht erfassen, kann es bei letzterem Fehler geben, z.B. wenn ein erschlossenes Gebiet nocht nicht wohnbebaut ist.
        - OSM gibt dann die reale Nutzung von Flurstücken aus
- das Liegenschaftskataster die amtl. Nutzung (evtl. extra tag für amtl. Nutzung)

(*) alle Begriffe in ihrer rechtlich-administrativen Bedeutung, siehe mail von gestern, 15:45 Uhr





Ich sehe bei "Landuse" den beschreibenden Charakter im Vordergrund - "das hier sieht aus wie ein Wohngebiet".

Ja und das ist eben Mist. "Sieht aus wie X" ist in der Realität eben nicht unbedingt X. Für die "reale Flächennutzung" muss eine andere Definition her, eine die möglichst nicht einen bereits klar definierten Begriff umdeutet. Z.B.

        "sieht aus als ob diese Fläche bewohnt ist -> landuse residential"

Im allg. Sprachgebrauch verbietet Dir natürlich niemand, Wohngebiet zu verwenden wie Du lustig bist. Aber im Wiki, wo es kein unmittelbares Feedback für den Lesenden gibt, sollten, wenn wir die Realität abbilden wollen, die Begrifflichkeiten stimmen und, unabhängig welchen Background der Lesende hat, zu gleichen Interpretationen führen. Das ist momentan einfach nicht der Fall.


Der Informationsgehalt ist fuer mich dabei gleich, egal, ob ich 10 direkt aneinandergrenzende Flaechen habe oder eine grosse - das sehe ich im Gegensatz zu einer administrativen Grenze, wo es einen Unterschied macht, ob man in dem einen admin_level=8-Gebiet oder in dem anderen admin_level=8-Gebiet wohnt und wo es wichtig ist, an welcher Stelle sich die Grenze zwischen beiden befindet.

Prinzipiell ok, aber "wichtig" ist relativ. Was für den einen wichtig ist, ist für den anderen egal. Daher würde ich strikt bei der Frage bleiben, ob und wie die Realität abgebildet wird, sprich ob OSM als Datenprovider sowohl die Wünsche des einen, als auch des anderen erfüllt. Mit guter Ausdifferenzierung lassen sich viele Nutzer glücklich machen. Sie, die Datennutzer, formulieren was wichtig ist, der Rest wird weggefiltert. Auf der Seite des Datenproviders wäre hingegen zu fragen, bilde ich alles ab? Das kann natürlich bei OSM nur ein Ziel bleiben. Dennoch bin ich der Meinung, dass sich ein Datenprovider nicht fragen sollte, ob es wichtig ist, denn das entscheidet der Nutzer. Und der ist bei OSM vielgestaltig und letztlich undefiniert, weil wir eigentlich niemanden von der Nutzung ausschließen, damit also nur Zulauf bekommen können.

Klar kann man fragen, ob diese Ausstrukturierung an irgendeiner Stelle ein Ende haben sollte. Aber solange das Liegenschaftskataster nichtmal _theoretisch_ mit OSMs Datenmodell abgebildet werden kann, sehe ich dazu noch keinen wirklichen Grund. Wir fragen ja nicht nach der korrekten Abbildung von Pflastersteinen, sondern der der Flächennutzung zum einen, und der innergemdeindlicher Grenzen zum anderen.


Damit wären wir wieder beisammen. Nur haben wir keine lückenlose
Erfassung der Verwaltungsgrenze abzgl. aller Betriebs-, Verkehrs- und
Abbauflächen.

Das waere auch zu kompliziert fuer OSM. Das sind Feinheiten, die dem Durchschnittsmapper nicht vermittelbar sind. Dass einer Boundary verwenden soll, wenn er eine amtliche Grenze kennt, und landuse=residential, wenn er irgendwo steht und das wie ein Wohngebiet aussieht, das kriegt man den Leuten noch ganz gut erklaert.

Das sehe ich anders. Deine Einschätzung des 'Durchschnittsmappers' in allen Ehren, aber nicht jeden Mapper interessiert das gleiche - es ist doch wie in Wikipedia, dort interessiert sich auch nicht jeder im Kern für Geografie. Die Interessen sind einfach zu verschieden. Und Ausdifferenzierungen in Gewerbe-, Industrie- und gewisse Arten von Abbaugebieten (quarry z.B.) gibt es schon _ewig_.


Wir muessen da ein bisschen auf dem Boden bleiben. OSM ist kein akademisches Projekt, war es nie, kann es nie sein. Wenn jemand mit akademischer Praezision da was oben drauf setzen will, dann muss er das selber machen, da kann ihm die breite Masse der Mapper nicht helfen.

Mir geht es nicht darum, von heute auf morgen eine supergenaue Karte zu haben. Aber Ziele zu definieren, evtl. zu präzisieren, ist schonmal viel Wert. Indem wir diskutieren und formulieren was später angestrebt werden kann, vermeiden wir viel doppelte Arbeit. Sonst stochert jeder so in seinem "könnte" und "sollte" rum, bis sich Mapper wieder, gerade in dicht gemappten Gebieten angreifen, weil jeder ohne viel Kommunikation nach seinem eigenen Verständnis mappt. Mich persönlich stört das, aus folgenden Gründen:

    - über den Disput beenden Mapper evtl. ihre Arbeit

Es ist nerven- und zeitraubend, wenn Mapper einfach nur durch Unklarheiten des Wikis oder des Datenmodells nicht zu einer Lösung finden /können/. Wenn Unklarheiten im Datenmodell bestehen bleiben, weil man sich gerne die Interpretationsfreiheit erhält, hat das wenig mit dem Abbilden der zwar dynamischen, aber strukturierten Realität zu tun. Diese Unklarheiten und Ungereimtheiten sind ein Fingerzeig auf fehlende Struktur im Datenmodell, das nicht anzupacken, würde das Wiki wirklich zur /heiligen/ Schrift erklären.


Es hilft auch nicht, superkomplexe Taggingschemata aufzubauen in der Hoffnung, man koenne damit tausende Mapper vor seinen Karren spannen und die fuehren das dann so aus, wie man sich das ueberlegt hat.

no comment - Du hast Bücher geschrieben, die tausende Mapper vor einen Karren gespannt haben dürften.. so etwas macht man eigentlich aus Überzeugung für die Sache - darf ich die jetzt nicht haben? Martin, andere, und meine Wenigkeit haben sich hier an einer Lösung für ein Problem versucht, das auf dieser Liste offensichlich nicht das erste Mal diskutiert wurde. Willst Du bis nächstes Jahr warten, um das dann wieder auf diese Weise flachzuklopfen? Wo bitteschön hast Du superkomplexe Taggingschemata entdeckt?

Martin und ich haben in erster Linie und im Dialog eruiert, /was/ überhaupt im Bereich Baufläche/Baugebiet abgebildet werden kann, /wo/ unser Verständnis der verwendeten Begriffe herkommt und /weshalb/ es Gründe für Disput überhaupt gibt. Es fing mit der Frage an, ob landuses an ways geklebt werden sollten, oder nicht. Die Frage ist beantwortbar, insofern klar ist, /was/ wir mit landuses=* überhaupt genau mappen. Das ist wesentlich klarer, als zu Beginn, aber in den Kernpunkten noch puzzleartig auf einzelne mails verstreut.

Ein aufsummiertes Taggingschema als Schlussfolgerung hat bisher keiner von uns abgegeben. Wir haben an einigen Stellen festgestellt, wie es besser und widerspruchsfreier laufen /könnte/. Es geht zumindest mir darum, Dinge der Realität in OSM auseinanderzuhalten, die bisher widerspruchsbehaftet gemeinsam abgebildet wurden.


Bei diesem Projekt erstellt niemand Komplexität - die steckt in der Realität. Durch gute Dokumentation kannst Du die Erfassung ihres Abbilds vereinfachen, durch schlechte hingegen erschweren. Meine Meinung.


Gruß


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