Hallo André.

Am Mittwoch 25 März 2009 21:30:38 schrieb André Reichelt:
> Ist ja alles schön und gut und ich finde es toll, dass du eine eigene
> Firmware aufspielen kannst. Aber 95% der Deutschen schaffen das nicht.
> Und 80% davon wissen wohl noch nicht einmal, was eine Firmware ist. Und
> sie vergleichen die Systeme nicht nach Herkunft des Materials sondern
> nach der Qualität des Routings und anderen Faktoren wie die Anzahl der
> Farben des Bildschirms.

Ja, und genau für diese Leute gibt es proprietäre Karten zu kaufen.
Das Projektziel von OSM ist doch nicht "kostenlos" sondern "frei".

Die von dir genannten Leute benutzen momentan typischerweise google-maps 
(weil's kostenlos ist und einfach geht) und Windows (weil's schon kostenlos 
dabei war).

Beides ist sicherlich nicht verwerflich und der Großteil der Leute kann das ja 
auch gerne so machen. Aber es gibt die Alternativen nicht weil sie billiger 
sind sondern weil es um Freiheit und Unabhängigkeit geht.

Dass man bei Freiheit und Unabhängigkeit langfristig eigentlich immer billiger 
weg kommt, ist ein Bonbon, eine logische Schlussfolgerung. Aber nicht die 
Motivation hinter all dem Aufwand.


> Diese Leute kaufen sich das navi, lesen OSM und wissen nichts. Wenn
> hingegen ein Anbieter hergeht und sagt: "Wir verwenden das kostenlose
> Material von OSM und deshalb erhalten sie jeden Monat kostenlos
> Kartenupdates" wäre viel gewonnen und die Leute würden sich dafür
> interessieren, warum es dank OSM möglich wird, etwas kostenlos zu bekommen.

Du vertrittst eine extrem kurzsichtige Denkweise, von der ich nicht glaube 
dass man das Projekt auf dieser Ausrichtung aufbauen sollte.

Ich träume eher von einem Navi bei dem es heißt: Der Hersteller verkauft jedes 
Jahr die von seinen Mitarbeitern kontrollierte und mit einem nichtssagenden 
Zertifikat versehene Karte für teuer Geld (=> an Firmen und übersolvente 
Personen), man kann aber auch unendlich viele Community-Karten bekommen, wo 
bei jeder Karte der Fokus auf etwas anderem liegt (Fahrradkarten, 
Rollstuhlkarten, LKW-Karten) und diese Karten kann man jederzeit selbst 
aufspielen und nach Belieben verändern. *Das* ist Freiheit.


> Hingegen wird PD eher dazu führen, dass OSM trivialisiert wird. Anstatt
> ein Projekt für ALLE MENSCHEN zu werden, werden nur noch Nerds die Daten
> nutzen, da der normale Mensch gar nicht von OSM erfährt und es dank der
> Updatekosten mit Navteq oder Teleatlas gleichsetzen - "halt noch so ein
> Kartenanbieter".

Die meisten Leute, die einen Mozilla-Browser benutzen, nutzen Firefox. Den 
selben Browser gibt es auch als Closed-Source unter dem Namen Netscape.
Es nutzen viel mehr Leute OpenOffice als StarOffice.
Und zwar überwiegend weder Nerds noch sonstige Leute die das Ding selber 
bauen.

Eine proprietäre Konkurrenz verliert durch die freie Alternative einfach einen 
Vorteil. Es werden sicher Hersteller versuchen, kommerzielle Angebote 
aufzubauen, das sollen sie ruhig machen.
So lange es *DIE MÖGLICHKEIT* gibt, dass die Community selbst Daten da drauf 
bekommt, wird es fix und fertige Daten geben.

Siehe jetzt grade die Garmin-Karten. Garmin bietet keinen Konverter. Die 
Spezifikation der Daten ist aber in gewissem Umfang "öffentlich" und daher 
gibt es Leute, die Karten dafür bauen. Man muss kein Nerd sein um eine 
heruntergeladene Datei auf eine Speicherkarte zu kopieren.


> Man kann nicht alles gleichzeitig haben. Wenn wir den Firmen freie Hand
> lassen, wird das Projekt sich wohl zerlaufen. In unserer Zeit geht es
> nun einmal um Kommerz. Viele Leute hören vielleicht von OSM und mit der
> PD werden sie sich dann denken: Wieso sollte ich da helfen? Am Ende baut
> es NaviYX doch eh in sein Navi ein und ich habe nichts davon. 

Wenn du jetzt 60 wärst, würde ich glauben dass du dir das nicht vorstellen 
kannst, aber ich glaube du bist noch nicht so alt. ;-)
Nur weil *EINE* Firma die Daten *KOPIERT* und dann für teuer Geld verkauft, 
heißt das ja nicht, dass die Daten *weg* sind.
Jeder kann weiterhin die Original-Daten von OSM nehmen und sie werden durch 
das Geschäftsmodell einer anderen Firma nicht weniger frei. Daten sind 
immateriell und man kann sie ohne Qualitätsverlust mehrfach kopieren.

Oder anders gesagt: Der Unterschied zur aktuellen Situation ist der, dass die 
Firma X momentan nicht OSM-Daten nimmt und damit ein halbteures Kartenupdate 
verkauft sondern sie nimmt NAVTEQ oder TeleAtlas-Daten und verkauft ein ganz 
teures Kartenupdate.
An der Situation von OSM ändert sich nichts (außer vielleicht weniger 
Bekanntheitsgrad) und an der Sitation des Kunden ändert sich der Preis.


> Wenn wir
> allerdings speziell für die kommerzielle Verwendung einige Regeln
> festlegen, werden die Leute denken: Ah toll! Da kann ich selber Daten
> beitragen und die Anderen machen das auch und ich profitieren von deren
> Arbeit und die von meiner. Denn bei PD profitieren meiner Meinung nur
> die Firmen die "nehmen und geben lassen".

Das mögen die Kunden denken. Aber die Firmen werden denken: Leck mich doch am 
Allerwertesten, ich nehme andere Kartendaten, da habe ich wenigstens einen 
Rechtsanwalt, der mir *GENAU* sagen kann was ich damit machen darf und was 
nicht.

Momentan ist die vermutlich einzig rechtssichere Methode um ein kommerzielles 
Navi mit OSM-Daten anzubieten die, dass man ein Installationsprogramm beilegt, 
mit dem der Kunde selbst OSM-Daten konvertieren kann bzw. muss. Denn damit 
umgeht man die ShareAlike-Lizenz (es werden ja keine Daten weitergegeben).
Ist das für den Nicht-Nerd besser?

Gruß, Bernd

-- 
Fachbegriffe der Informatik (#392): draußen
   Der große blaue Raum. U.a. daran zu erkennen, dass die Decke sehr
   hoch ist und an selbiger tagsüber eine nahe offen brennende
   Kernfusion als Deckenlampe dient, während nachts eine dunkle
   Deckenfarbe mit vielen kleinen hellen Punkte sowie manchmal einer
   blassen Lampe verwendet wird.
(Alexander Schreiber)


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