mm schrieb:
Die bekannteste sozio-linguistische Theorie von Sprachveränderung ist die Willem Labovs (ich kann Genitiv) und die geht so: Es gibt zwei Sprechergruppen A und B, die sich beide in ihren Sprechgewohnheiten unterscheiden. Gruppe A verfügt, aus welchen Gründen auch immer) in den Augen von Gruppe B über mehr Prestige (man kann auch sagen Macht). Weil Gruppe B sich nun auch Prestige zulegen will, imitiert sie nun die Sprechgewohnheiten von Gruppe A und verändert so ihr eigenes Sprechverhalten. Diese Veränderungen können von der unterschiedlichen Aussprache eines Phonems bis hin zur Übernahme ganzer grammatikalischer Konstruktionen reichen. Und natürlich ist das eine Ausübung von Macht. Und natürlich sind Werbefuzzis und Massenmedien massiv dafür verantwortlich Sprache zu verhunzen, wenn man eine Sprache den als verhunzbar ansehen will. Und natürlich kann man diesen Bösen Konservativität unterstellen.

ich habe den eindruck, die vereinfachungen und vereinheitlichungen passiert im wesentlichen aus ökonomischen überlegungen heraus. und das ist in der kultur immer ein fehler. und vor allem dann, wenn es um DAS wesentliche kommunikationsmedium geht.

Aber dieses Bewahrenwollen von Sprache wie sie zu einem gegebenen Zeitpunkt ist, ist das eigentlich konservative (lat. conservare: bewahren).

genau das, glaube ich, ist ein irrtum. so gesehen müsste jede änderung progressiv sein. dann hätten wir also z.b. in den letzten jahren das progressivste fremdenrecht der welt bekommen.

Ausserdem, wenn eine Sprache an grammatikalischer Komplexität abnimmt, heisst das noch lange nicht, dass deren Benutzer dadurch geistig ärmer werden. Ein gutes Beispiel ist hier das Englische, das nur noch zwei Kasus (Nominativ und Genitiv) hat (der Dativ ging irgendwann verloren, was mit den eventuellen anderen Kasus passiert ist weiss ich nicht). Doch was das Englische an grammatikalischer Komplexität verloren hat wird dadurch wettgemacht, das es über viel mehr Wörter als jetzt z.B. das Deutsche verfügt und deshalb auf Englisch z.B. Grade von Bedeutung viel feiner bestimmt werden können. Komplexität besteht nämlich nicht nur auf einer Ebene eines Sprachsystems.

klingt schön in der theorie, mir fällt aber kein beispiel aus der neueren geschichte ein, wo das der fall gewesen wäre.

vielleicht ist aber vielfalt auch ein besseres wort als komplexität, denn darum gehts mir eigentlich.

Saisonale Grüsse,

was soll das eigentlich bedeuten?

joerg

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