Alles ganz einfach!

oder

Von den Gefahren der Erziehung zur Unmündigkeit

Vorwort und Disclaimer:

Die nachstehenden Ausführungen richten sich in keiner Weise gegen die
verdienstvollen und mühevollen Anstrengungen in unserem Projekt, die
Mensch-Maschine-Schnittstelle von OpenOffice.org klarer, einfacher und
intuitiver, auch schöner zu gestalten.

Hauptteil:

Will man die Versprechen von Firmen wie Microsoft und Apple in einem
Satz zusammenfassen, so lautet dieser: "Mit unserer (Hard-) und Software
ist alles ganz einfach!" Das in Rede stehende Video kann insoweit als
Beleg fü diese Einschätzung betrachtet werden.

Diese Werbebotschaft richtet sich vor allem an Menschen, die "einfach"
mit ihrem Computer Dinge erledigen wollen, also an die Computeranfänger
aller Altersgruppen, die "Normaluser" kurzum an alle, die nicht "ein
paar Semester Informatik studieren wollen, um einen Brief zu schreiben".

Die Kehrseite dieses Heilsversprechens ist, wie man an gewissen
Apple-Produkten (dies ist kein Apple-Bashing, den Apple gebührt der
Verdienst, die Dinge auf die Spitze zu treiben und damit klarer zu
machen) sieht, dass der Benutzer mit dem Computer genau das machen kann
und darf, was die Entwickler, vor allem der GUI für ihn vorgesehen
haben. Will der Nutzer einmal vom vorbezeichneten Pfad abweichen - und
auch "Normaluser" haben durchaus unterschiedliche Bedürfnisse und
Interessen, gibt es schnell echte Schwierigkeiten.

Hierauf kann der zuvor Umworbene auf zweierlei (kombinierbare) Art
reagieren: Er ist vom Versprechen, alles sei ganz einfach enttäuscht,
wenn er entdeckt, dass die Erfüllung seiner Wünsche nicht gant einfach,
sondern durchaus kompliziert bis unmöglich ist. Oder er resigniert und
fügt sich in sein Schicksal, mit dem Computer nur das machen zu können
und zu wollen, was er auf die vorgezeichnete einfache Weise mit ihm
erledigen kann. Dies geht bis zur gläubigen Einstellung, dass ein
Feature, das beispielsweise ein Apple-Produkt nicht hat, offensichtlich
unnütz sein muss. Die Vertrauen in die Botschaft des jeweiligen
Unternehmens nimmt dann fast religöse Züge an.

Im ersten Fall verliert der Nutzer das Vertrauen in die
Werbeversprechen, was dem Ansehen der Werbenden schadet.

Er wird ein wenig mündig und die Scham darüber, dass man sein Unwissen
und sein Bedürfnis nach Bequemlichkeit derart ausnützen konnte, macht
ihn möglicherweise zum "Hasser" des Unternehmens und seiner Produkte.

Im zweiten Falle ergibt sich eine Vertiefung der "digitalen Kluft"
zwischen "Computerverstehern" und "bloßen Anwendern".

Nun gibt es auch Leute, die sagen, der Computer sei ein mächtiges und
universelles Werkzeug, das nur in dem Maße beherrscht werden könne, in
welchem man Zeit und Mühen ins Lernen investiert habe. Ihr Botschaft
lautet schlagwortartig zusammengefasst: "Der Computer kann alles, Du
musst aber wissen wie. Alles ist nur dann einfach, wenn man genau weiß,
was man tut." Ihnen ist mit gewissem Recht vorgeworfen worden, ihr
Denken sei elitär und sie stellten alles nur als so kompliziert dar, um
selbst in den Nimbus des Expertentums zu kommen.

Ihnen ist aber zugute zu halten, dass sie die Mündigkeit des Benutzers
wollen.

Der Computer soll das tun, was der Nutzer will, und nicht der Nutzer nur
das tun können, was ihm ein bestimmtes Softwareprodukt, was vorgibt
besser zu wissen, was er "wirklich will", ermöglicht.

Conclusio:

1. Wir sollten uns hüten in den oben dargestellten Chor einzustimmen und
zu behaupten: "Mit OpenOffice.org ist alles ganz einfach." Wir sollten
vielmehr auf die vielfältigen Möglichkeiten von OpenOffice.org
hinweisen. Dabei sollten wir aber auch deutlich machen, dass die Nutzung
dieser Möglichkeiten eine gewisse Befassung mit OpenOffice.org voraussetzt.

2. Wir sollten auf den Support, den die Comminity bietet, hinweisen,
ohne zu verschweigen, dass die Nutzung desselben eine gewisse
Eigeninitiative und vor allem den Willen zum Lernen voraussetzt.

3. Wir sollten die unterstützen, die OpenOffice.org so gestalten wollen,
dass es einfacher zu benutzen ist, und auch auf diese Initiative
hinweisen, ohne zu bemänteln, dass diesem Bemühen bei einem
featuremächtigen Werkzeug Grenzen gesetzt sind.

4. Schließlich sollten wir in geeigneten Fällen auch auf OOo4Kids verweisen.

Gruß
Michael

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