Hi Morb und Rest,

ich möchte meinerseits an diesem Punkt die Diskussion gerne beenden, da
unsere Positionen klar geworden sind und da ich schon öfters mit Leuten von
Deinem Schlag diskutiert habe. (Falls Du Dich gerne unter Deinesgleichen
begeben möchtest enpfehle ich Dir die Gruppe Gegenstandpunkte.
Nichtirritierenlassen, mit Deinen Marktthesen bist Du da auch richtig, das
mit Marxismus meinen die nicht so.) In diesen Diskussionen kam ich immer zu
folgendem Fazit, welches mM auch für unsere heutige Diskussion gilt:

STAAT, KRITIK, ALTERNATIVEN. Trotz gewissen Einschränkungen Deinerseits
siehst Du den Staat als das Hauptproblem; alles was einen irgendwie
gearteten Staat stützt ist abzulehnen; Entwürfe über eine alternative
Gestaltung von "Staat" (im Sinne von "Gesellschaft") vertrittst Du nicht.
Hiermit meine ich nicht das Totschlagargument "wer keine Alternativen nennt
darf nicht mitdiskutieren" - ich lehne aber Diskussionen mit Leuten ab, die
selbst keine Position beziehen, sondern nur meine konstruktiven
Vorschläge mit "geht nicht" abkanzeln. Das bringt mir nix, da zu
undifferenziert.

VORGEBLICH HEHRES WELTBILD. Du vertrittst ein Weltbild was auf so hehre
Dinge wie "Freiheit", "Selbstbestimmung", etc. setzt. Hört sich gut an,
steckt aber mM nix dahinter. Du vertrittst die These, dass das mit "Staat"
nicht zu machen ist. Die Anwendung von Marktmechanismen schränkt hingegen
Deine Ideale nicht ein. In meinem Weltbild spielt der Faktor "soziales" eine
zentrale Rolle.Von der nicht sonderlich gewagten Hypothese ausgehend, dass
Intelligenz/Reichtum/Gesundheit/* nicht gleichmäßig (würd' ich
arroganterweise mit "gerecht" gleichsetzen) verteilt ist, folgt bei mir
daraus: Umverteilung ist nötig. Da mM dies nicht automatisch funktioniert
muss das organisiert werden. Heutzutage macht das (suboptimal bzw.
kontraproduktiv (von-unten-nach-oben)) der Staat. Bevor man diese abschafft,
fordere ich eine Diskussion, wie die Umverteilung sonst laufen soll. Markt
geht da nicht, weil die die wenig haben, denen die viel haben keine Anreize
(frische Organe mal ausgenommen) geben können, was abzugeben.

DEMOKRATIEFEIND. Du lehnst Demokratie ab, da dort der Mobb und "die
Politiker" entscheiden. (Ist "Morb" sonne Art "Anti-Mobb"?) Du willst lieber
ein System, wo's keine Politiker gibt und alle frei sind. Könnte es nicht
sein, dass es dann Essig ist mit Deiner Freiheit, weil das dem Mobb egal
ist? Du hast keine KONKRETE Vision, wie's besser geht. Und da verliert sich
mein Interesse ...


Hm, ich würd' in dem Kontext nicht von gut/sozial/human sprechen. Aus
> liberaler Sicht verstehe ich den laissez faire-Ansatz schon, meine aber,
> dass es hier eben nicht um vier Leute plus Vermittler geht, sondern dass
> hier die Öffentlichkeit partizipiert
was fuer ein schmarrn. Niemand "partizipiert", wenn er nicht will. Ist
ja sogar GEZ-freies Fernsehen.


Ich hab' nix von Zwang gesagt. Und dass die Sendung ein paar Leute gucken
werden, wirst Du wahrscheinlich nicht abstreiten.

als die reguläre Vergabe. Unter der staatlich organisierten Vergabe sind
> alle gleich
ja, alle gleich elend. Mit Wartelisten von hier bis Amsterdam.


... Du sollstest mir ja erklären, wo die Organe plötzlich herkommen, wenn
man Geld dafür bekommt.

V.e.r.t.r.a.g.s.f.r.e.i.h.e.i.t. - und selbst die muss durch eine
"Spende" erkaempft werden. Deine Niere gehoert naemlich nicht dir,
sondern der Politik - und die diktiert die Bedingungen. Total "sozial".


Genau, es ist sozial, denn die Gemeinschaft hat sich darauf verständigt.
Dass die Verständigungsmechanismen in unser parlamentarischen Demokratie
nicht funktionieren, da waren wir uns ja einig.

Gutmenschentum:

Finde ich in der Tat schön. Ist natürlich aber eine notwendige aber
> keineswegs hinreichende Vorraussetzung, das Ziel zu erreichen. Übrigens
> behaupten z.B. auch die 8 Leute die sich nächste Woche an der Ostsee
> treffen, dass die wollen, dass es allen gut geht.

ja das ist ja das Tragische. Diese Authenzität, die sind wie alle
Tyrannen fest von der guten Sache ueberzeugt. Man kann den wenigsten
Boesartigkeit unterstellen, vermutlich nicht mal den Mollischmeissern.
Engagierte Zerstoerung der Grundlagen von Zivilisation im Namen der
egalitaeren Ersatzreligion und Erlösungsutopie, ganz progressiv.


Hätte nicht gedacht, dass Du an "Grundlagen der Zivilisation" glaubst. Ich
unterstelle schon Bösartigkeit, da die Absichten, die Politiker verfolgen
nicht dem entsprechen was sie sagen. - Ja, es muss darum gehen, dass nicht
ein paar Hanseln bestimmen was gut ist. Den "Mollischmeissern" würd' ich
übrigens die geringste Bösartigkeit unterstellen!



doesnt translate into "an allem". Staat, das ist einfach nur eine
Mafiabande mit großem Territorium und wenig bis keiner Konkurrenz darauf.

Rest: auf diesem Niveau ("Hedgefonds", "Prekariat",
"Neoliberalismus"...) diskutiere ich nicht, Nachplappern von
Allgemeinplaetzen ohne konsistente Definition. Hier, typisch
neoliberales Zitat:

"In der Wirtschaft finde ich Marktwirtschaft völlig in Ordnung, anders
kriegst du weder Qualität noch Effizienz hin, noch kannst du
Arbeitsplätze sichern. Nur bitte keine Marktgesellschaft: Das heißt,
Gesundheit, Bildung, Kultur, Verkehr und partiell das Wohnen dürfen
nicht durchkommerzialisiert werden." (Gregor Gysi)


Hm, da finde ich passt ein Zitat von Volker Pispers: "Das ist so
populistisch, das genzt schon an gesunden Menschenverstand." Ich find das
Gysi-Zitat recht knackig: Bestimmte Lebensbereiche nicht dem Markt
unterwerfen sondern gesellschaftlich organisieren.

... deshalb mein Vorschlag den Staat grundlgend zu verändern (fraglich
> ob das mit Reformen geht).

typisch linker Groessenwahn, immer muss der Gesellschaftsingenieur ran
und Menschen wie Schachfiguren gemäß eigenen Vorstellungen
herumschieben. Beginn bei dir selber, veränder DICH, hör auf "Staat" und
institutionalisierte Gewalt zu legitimieren, zu unterstützen und zu
verteidigen.


Was ist Dein Appell: Der Rückzug ins private, nur nicht Gedanken über die
Gesellschaft machen? Das scheinst Du ja auch nicht gerade zu
berücksichtigen. - Ganz ehrlich, ich verstehe das Engagement von Fatalisten
wie Dir nicht, mit dem ihr versucht, anderen das Engagement auszutreiben!


>      > ja wir sind die Deppen, die die Regierung gewählt haben
>
>     ich nicht, auch nicht die sogenannte "Opposition".
>
>
> ... hatte ich ja schon vermutet. Deshalb ja die Frage, wie Deine
> Visionen als Anti-Demokrat  (im sinne der nicht-partizpation an dem was
> aktuell als Demokratie bezeichnet wird) sind.

Ich glaube dass Recht etwas mit Ethik, Axiomen und Philosophie zu tun
hat, und nicht mit Kreuzchenmalen und Abzaehlen. Unter "Demokratie"
versteht jeder etwas anderes, meistens durchaus sympathische Dinge
(Freiheit, Selbstbestimmung, Individualrechte, Subsidiaritaet ...), die
allerdings mit "Demokratie" an sich nichts zu tun haben müssen und im
status quo auch nichts zu tun haben.


aha: "ganz unterschiedliches" = Demokratie
und "ganz unterschiedliches" = hat nix mit Demokratie zu tun

=> ich finde das ist kein Demokratiebegriff den man in einer Diskussion
nutzen kann


     > dann mach mal in Revolution oder so
>
>     mach ich taeglich, nenn das aber lieber Verteidigung der
>     zivilisierteren, sozialeren Ideen.



> ... auch ich bin in der APO und gehe trotzdem wählen, solange das noch
> möglich ist.

dann hör auf dich zu beschweren. Du bist das konservierende Element. Was
du wählst ist völlig egal, die Regeln waren vorher bekannt.


... hm, Du hast meinen hybriden Ansatz: Wählen & APO noch nicht verstanden.

Option ist ja auch noch immer ungültig zu wählen ... wenn
> das alle machen würden!

dann wählen sich Politiker, Günstlinge und Staatsprofiteure halt selber.
"Ganz demokratisch". Als hätte die Wahlbeteiligung irgendeinen Einfluss.


... da hast Du wahrscheinlich recht.


>      > * der Markt kann alles richten:
>
>     wo hab ich das gesagt?
>
>
> Na, Deine These, dass Organe einen Preis haben sollen und dann alles
> klasse funktioniert. Aus meiner Sicht ein typisch
> neoliberal-marktideologischer Reflext (Zitat Hans Werner Sinn, ifo:
> "Markt, Markt, Markt").

Markt ist einfach nur die Summe (genauer wäre "Array") aller
freiwilligen Interaktionen von Menschen bei denen keine Rechte Dritter
verletzt werden. Wenn ich dir meine Niere verkaufe, wüsste ich nicht
wessen Rechte dabei verletzt werden. Analog alle anderen victimless
"crimes".


Der Markt ist an sich undemokratisch, da ich ja nur eine Niere bekomme, wenn
ich's mir leisten kann. In einem anderen System (auch anders als das
aktuelle) bekommen mehr ohne Geld Nieren.


     >  > da frag' ich mich, ob dadurch, dass ich was für meine
>     Augenhornhaut
>      > bekomme, mein Anreiz, diese zu verticken steig  solang ich nicht
>      > verhungern muss, glaube ich nicht;

    was ich glaube und was du glaubst ist vordergruendig voellig
>     uninteressant - ob das Anreize setzt und Menschen hilft zu
ueberleben,
>     ist ein ausgangsoffener Prozess, wiewohl ich das diesbezuegliche
Leugnen
>     etwas merkwuerdig finde. Fakt ist, dass niemand das Recht haben
sollte
>     ueber den Koerper Dritter per Zwang und Gewaltandrohung zu
verfuegen.
>
>
> ... gerade, dass Körper kommodifiziert werden, werden sie Teil des
> Marktes, unterliegen fortan dessen Zwängen (ALG2 kriegste erst wieder,
> wenn Du das Geld von der verkauften Niere aufgebraucht hast, vgl.
> vormals erwähnten Idioten Peter Oberender
> http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Oberender -> Zitat).

ALG2 gibts nur in Gesellschaften mit Interventionismus (weil
unfreiwillige Arbeitslosigkeit ex definitione nur ein Phänomen von
Internventionismus sein kann), also dem Gegenteil von freiwilligen


Da hast Du recht, ohne eine gesellschaftsordnung bekommen die
Armen/Kranken/Behinderten nix. Oder wo bekommen die das bei Dir? Ich glaub
ja nicht, dass Du jetzt mit "traditionelle Familienwerte" kommst.

Tauschhandel. Sowas kannst an "Neoliberale" und Gelbsozialisten
adressieren, nicht an mich. Der Körper wird auch nicht "kommodifiziert"
(dieses marxistische Soziologendeutsch ist so zum Kotzen), sondern es
wird ganz einfach Recht wiederhergestellt. Jenes, über mich und meinen
Körper bis zu den Grenzen der Freiheit Dritter SELBST verfügen zu dürfen.

  Da seh' ich den
> Markt als viel gewalttätiger (sozialdarwinistischer) als der Staat, der
> potentiell auch gesetzlichen Schutz bieten kann (wovon im Zuge der
> aktuellen Selbstentmachtung immer weniger Gebrauch gemacht wird).

jaja, Warteliste für OPs und Spenderorgane im sozialen, sozial
gerechten, mindestens weltbesten Krankenkassensystem ist sozial und
sozial gerecht - quasi das Gegenteil von "Sozialdarwinismus". "Gesetz"
ist heute doch an allen Ecken und Enden Synonym für Aggression gegen
Recht - wiederum das genaue Gegenteil von "Schutz".


Ich glaube, Du pauschalisierst da etwas.

    ja mein Lieber, und welche Anreize beguenstigen kriminelle,
zwangsweise
>     Organausschlachtung? Verbote und Prohibition fuehren immer und
ueberall
>     zu saftige(re)n Renditen fuer Gewalt gegen Menschen.
>
>
> ... ah, mal wieder ein Totschlagargument: "wenn es keine Regeln gibt
> dann können auch keine umgangen werden"

"keine Regeln" saugst du dir aus den Fingern, die Regeln sind nicht nur
klar sondern auch streng - die Freiheitssphäre Dritter (Leben, Freiheit,
Privateigentum) ist tabu.


Haha, Privateigentum, lustig. Wie kann man nur so - entschuldige -
bescheuert sein und tatsächlich den Schutz vor Privateigentum über das Recht
auf Nahrung/Gesundheit/Teilhabe am sozialen Leben/etc. setzen. Deine These
hier: Rückzug des Staates auf seine "Kernkompetenzen" Justiz, Polizei und
Militär. Klarer Fall neoliberalen Dogmatismus.

Liberalisierte Märkte sind für die (idR der Norden) wohlfahrtssteigernd,
> die ihre Märkte ausbauen können (Rohstoffe, Produktion, Absatz) und
> negativ für die (idR der Süden)


jaja, Mitarbeitsplus, brav bei den Nazis von Attac aufgeschnappt. Wieso


Nee Du, nicht aufgeschnappt. Ich mach' da schon lange mit. Auf
"Nazi"-Vergleiche gehe ich nicht ein.

handeln "Arme" eigentlich, sofern man sie lässt, mit "Reichen", wenn sie
immer nur verlieren dabei? Weng deppade Untermenschen, Wüde und Neger
halt? Jedem seine Scholle, totales Handels- und Tauschverbot, national
und sozialistisch. Erklaer mir doch mal wie Laa an der Thaya und 1010
Wien davon profitieren, wenn sie mangels equal level aufhören
miteinander zu handeln? Oder wie du profitierst, indem du aufhörst mit
Leuten zu handeln die reicher sind als du?


Ich kann Dir hier leider keine Nachhilfe geben. Aber schau mal im Netz unter
"Post-Autismus", "Kritik an Ricardos Theorie des komparativen
Kostenvorteils", "Marktversagen", "Korruption", "Kartellen", "Lobbyismus"
und struktureller Kritik von WTO, etc. Ich empfehle der Übersichtlichkeit
halber bei z.B. bei google noch "site:attac.de" bzw. "site:attac.at"
einzugeben, um die Suche einzuschränken :-)

sich demokratischer Kontrolle
> entziehen und keine Steuern zahlen.

"demokratische Kontrolle" ist der Attac-Lieblingseuphemismus für
Verstaatlichung und unbeschränkten Terror der Masse (eine solche
"Demokratie" braucht auch keine Verfassung mehr) - und Steuern liefern
natürlich erst den Saft für staatliche Unterdrückung. Ich wüsste nicht
was an "keine Steuern zahlen" schlecht sein sollte.


Du scheinst also nix von Umverteilung zu halten, bist also mM nach ein
zutiefst unsozialer Mensch. Da ich aber nicht nur auf Umverteilung sondern
auch auf (Meinungs-)Freiheit setze, lasse ich Dir Deine Meinung - kann aber
nicht nachvollziehen wie man darauf kommt.

Da ich soviel geschrieben hab' nehm' ich das mit dem Ende der Diskussion
wieder zurück und lese gerne Deine Replik.

Lars

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