Ich möchte das ganze im Folgenden versuchen ein wenig auf eine
Meta-Ebene zu heben, möchte aber nicht verhelen, dass ich auf
highway=value geklebte landuse=value nicht mag bzw. ablehnend
gegenüber stehe. Aber auch ich habe mal als "Verkleber" angefangen:

Abgesehen von der Sinnhaftigkeit (keine Metaebene) gibt es auf der
Metaebene folgende Aspekte:

1. Durch die snap-Funktion im JOSM lassen landuse und highway viel
leichter verbinden, als wieder trennen. Dadurch haben die
"Verschmelzer" beim Mappen einen taktischen und zeitlichen Vorteil
gegenüber den "Trennern".

2. Das getrennte erfassen erfordert mehr Genauigkeit. Man muss viel
weiter hineinzoomen, um Flächen zu erfassen, damit man nicht selbst
"Opfer" der snap-Funktion von JOSM wird. Man hat also einen kleineren
Kartenausschnitt auf dem Bildschirm. Hierdurch benötigt man mehr Zeit
und muss trotzdem aufpassen (wegen der snap-Funktion). Auch Mapper
sind sind nur Menschen, also bequem und möchten trotzdem viel pro
Zeiteinheit schaffen. Auch das ist ein strategischer Nachteil der
getrennten Erfassung. Die Verschmelzer sind faktisch im Vorteil, weil
sie mehr pro Zeiteinheit Mappen können. Dann können sie ggf. auch noch
sagen, "Seht her, in den Daten ist viel mehr verklebt als getrennt!
Wir sind die Mehrheit, wir haben Recht!"

3. Durch das verschmelzen sieht die Datenbasis im JOSM auch besser --
weil aufgeräumter wirkend -- aus, als mehrere parallele Linien. Man
sollte diesen ästhetischen Aspekt nicht vernachlässigen. Wir sind ein
Projekt, das von Laien getragen wird. Da spielen solche Aspekte eine
viel größere Rolle, als in einem professionellen Umfeld mit
festgefügten Regeln und Normen (wir müssen Regeln und Normen erst
finden und ständig darüber diskutieren).

4. Menschliches Beharrungsvermögen: Niemand gibt gern Gewohnheiten
auf. Warum sollte also ein "Verschmelzer" sich ändern? Zumal der
Verschmelzer merkt, dass die andere Methode aufwendiger ist und mehr
Sorgfalt erfordert. (Vielleicht liegt die Sorgfalt auch nicht so in
seiner Natur, wogegen die "Trenner" eher von pingeliger Natur sind).

5. Eine eigene Ausprägung von Beharrungsvermögen ist: Die Arbeit des
"Verschmelzers", das Verschmelzen, wird ein Stück weit entwertet, wenn
jetzt immer getrennt werden soll. Niemand sieht seine Arbeit gern
entwertet und wird daher immer alles versuchen, diese zu erhalten und
gegen Änderungen zu verteidigen.

6. Eine weitere Ausprägung des Beharrungsvermögens findet sich auch
bei der Regeldiskussion "das ist so nicht/anders Dokumentiert".
Einerseits sind Regeln sehr wichtig, weil erst sie eine Basis geben,
auf der man gemeinsam arbeiten kann. Andererseits ändern sich die
Gegebenheiten, auf denen die Regeln basieren. Vor fünf Jahren war man
froh ein einigermaßen vollständiges Straßennetz (DE) zu haben. Da
wollte man nicht über Straßenflächen diskutieren und gab sich
entsprechende Regeln. Doch warum sollen die Regeln heute noch gelten?
Die Regeln bei OSM sind ja nicht die (universell gültigen)
Menschenrechte. Also: geänderte Situation, geänderte Regeln. Das
Problem: Man erkennt quasi immer nur in der Retrospektive, ob sich die
Situation tatsächlich geändert hat. Da also niemand aus der Zukunft
zurückblicken kann, entstehen solche langen Threads zwischen
"Verklebern" und "Trennern".

Daraus folgt für mich auf der Handlungsebene:

Bei den Punkten 1. bis 3. muss auf Ebene der Werkzeuge zunächst
Waffengleichheit zwischen Verklebern und Trennern hergestellt werden!

Bei den Punkten 1. bis 3. wünsche ich mir einfach einen mutigen
Entwickler, der eine Warnung einbaut, wenn landuse als Fläche und
highway als way miteinander verbunden werden sollen. Problem: Wir
zeichnen erst die Geometrie und geben dann die Eigenschaften/Tags.
Aufgrund meiner Grundauffassung sollte das überhaupt nicht möglich
sein bzw. um den Verschmelzern nicht auf die Füße zu treten nur als
"opt in". Dann wäre zumindest was die Schwierigkeit angeht
einigermaßen Waffengleichheit hergestellt und neue Mapper kommen nicht
mehr so leicht in Versuchung zum "Verkleber" zu werden.

Eine schöne Lösung wäre es auch, wenn die snap-Funktion bei highways
nicht funktionieren würde (zumindest nicht für ways, die noch keine
Tags haben und generell nicht für landuse auf highway).

Wichtig ist, dass man das snap-Verhalten von landuse auf highway (way)
in der Grundfunktion abstellt, damit die Leute gar nicht erst
"klebstoffsüchtig" [Entschuldigung für den Kalauer] werden. Dann
stellen sich die Probleme aus Nr. 4 bis 6 nicht in gleichem Maße. Dann
erledigt sich das Problem in einem gewissen Maß von selbst. "Es wächst
sich raus."

Eine andere Möglichkeit ist es endlich handliche Tools zu entwickeln,
die das Entkleben genauso einfach machen, wie das Verkleben. Das hat
aber die große Gefahr von "edit wars".

An den Punkten 4. bis 6. kann man ansonsten in einem
Freiwilligenprojekt nicht viel ändern, außer vielleicht, das die
Beteiligten selbst Reflektieren, mal was anderes ausprobieren und dann
zu dem Ergebnis kommen "ist ja gar nicht so schlecht/schlimm" oder
"das alte ist doch besser".

Viele Grüße

Falk

Am 2. April 2018 um 00:03 schrieb Florian Lohoff <f...@zz.de>:
>
> Hi,
>
> ich habe vor ein paar Wochen angefangen in meinem Dunstkreis
> (Ostwestalen-Lippe) Systematisch alle "verklebten Flächen und Wege"
> aufzulösen. Ich finde das selber zum bearbeiten extrem nervig und vor
> allem sind die Daten zumeist extrem ungenau - Teilweise noch aus Bing
> Zeiten, riesige Landuses die willkürlich mit Straßen verbunden sind.
>
> Dazu kommt das durch neue Mapper jede menge "Sekundärfehler" gibt
> dadurch das eben das sehr undurchsichtig ist welche Linie jetzt genau zu
> welchem Objekt gehört.  (Sekundärfehler sind oft Doppelte Straßen und
> Gebäude weil kein Objekt mit der Topologie zu erkennen ist).
>
> Neue Changesets d.h. neue Verklebungen kommentiere ich damit das das
> kein guter Stil ist und ich das versuche gerade aufzulösen.
>
> Die letzten Changesets sind jeweils von einem unbeteiligten Mapper
> mal mehr oder minder freundlich kommentiert worden ich möge es bitte
> unterlassen meine Bemühungen als Mehrheitsmeinung darzustellen bzw
> meine Tätigkeit wird als "Desinformationskampagne" dargestellt.
>
> Der letzte Changeset wo er selber nochmal alle weiteren Changesets
> verlinkt hat:
>
> https://www.openstreetmap.org/changeset/57715696
>
> Mal davon abgesehen das ich keine Argumente erkennen kann empfinde ich es
> mittlerweile als ärgerlich hier so verfolgt zu werden. Unbeteiligte
> Mapper werden hier in "Geiselhaft" genommen und in Diskussion
> zwangsweise hineingezogen.
>
> Flo
> --
> Florian Lohoff                                                 f...@zz.de
>              UTF-8 Test: The 🐈 ran after a 🐁, but the 🐁 ran away
>
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